SWR2 Wort zum Tag

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02OKT2023
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Er war ein Maler, der sich selbst als malenden Philosophen verstanden hat: Renée Magritte. Im November würde er 125 Jahre alt. Mich hat er schon als Jugendlicher begeistert. Mit seiner Art, die Ordnung der Dinge in Frage zu stellen. Und die Grenze zwischen Phantasie und Wirklichkeit zu überschreiten.  

Eines seiner bekanntesten Werke heißt „Der Verrat der Bilder“. Abgebildet ist eine Tabakspfeife, darunter auf französisch der Schriftzug „Dies ist keine Pfeife“. Aber was denn sonst?, fragt sich der Betrachter, ich sehe doch ganz eindeutig eine Pfeife!

Magritte aber meint: „Ein Bild ist nicht zu verwechseln mit einer Sache, die man berühren kann. Können Sie meine Pfeife stopfen? Natürlich nicht! Sie ist nur eine Darstellung. Hätte ich auf mein Bild geschrieben, dies ist eine Pfeife, so hätte ich gelogen“

Und so führt er uns immer wieder auf falsche Fährten. Er malt den Nachthimmel, wo ein Taghimmel sein müsste. Oder ersetzt den Rauch des Kaminfeuers durch den Dampf einer Lokomotive.

Magritte will zeigen: Was wir sehen, sind Bilder, und die dürfen nie mit der Wirklichkeit verwechselt werden.

Das ist eine alte Erkenntnis, die sich schon in der Bibel findet. In dem Gebot, wo es heißt: „Du sollst dir kein Bildnis machen! Weder von dem, das oben im Himmel, noch von dem, das unten auf Erden ist!“

Natürlich weiß ich, dass wir Bilder brauchen, um uns zu orientieren. Wir denken in Bildern, sprechen in Bildern und erfreuen uns an Bildern. Und doch -  das sagt uns gerade dieser Maler - sind es eben nur Abbilder der Wirklichkeit.

Das gilt insbesondere von den Bildern, die Menschen sich von Gott machen. Wir kommen nicht ohne sie aus. Und dennoch: das Geheimnis Gottes lässt sich nicht entziffern durch Bilder und Vorstellungen, die ich mir von Gott mache. Genauso wie es sich verbietet, einen anderen Menschen in Bilder und Vorurteile zu packen. 

Mir gefällt Magrittes Zurückhaltung und Vorsicht, mit der er sich der Wirklichkeit nähert. Er gibt nicht vor, die Welt im Ganzen erklären zu können. Sondern entwickelt ein Sensorium für das Mysterium, das in und hinter den Dingen steckt.

Ich finde, seine Bildersprache kann uns heute vor Klischees und Stereotypen im Umgang miteinander schützen. Das überrascht immer wieder. Und hilft mir, wach zu bleiben für das unbegreifliche Faszinosum des Lebens.

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