SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

24SEP2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Nicht die Delfine haben das Meer verschmutzt …

Mein Sohn ist jetzt acht Jahre alt. Er hinterfragt Dinge und macht sich so seine Gedanken. Über die Nachrichten zum Beispiel. Neulich meint er zu mir: „Papa, der Gott ist ganz schön gemein. In Griechenland hat es gebrannt. Dann war alles überschwemmt und jetzt werden die Menschen krank. Warum macht der Gott das?“

In seiner Logik ist das stimmig. Aber so einfach ist es nicht. Gott zündet die Erde nicht einfach an oder überflutet sie. Ebenso wenig wie Delfine Plastik ins Meer werfen oder Elefanten Abgase in die Luft blasen. Der Mensch ist schuld. Jedenfalls an vielem.

Ich habe versucht, meinem Sohn das zu erklären: Wenn der Mensch die Natur kaputt macht, wird es auf der Erde wärmer. Hitze trocknet den Wald aus, und der brennt dann leichter. Wenn das Meer wärmer wird, verdampft mehr Wasser als sonst. Und das kommt dann oft mit einem Paukenschlag zurück; so wie es in Griechenland passiert ist.

Mein Sohn hat sich das angehört und dann kombiniert: „Wenn der Mensch das verbockt hat, muss doch auch der Mensch etwas dagegen tun.“ Da hat er recht. Dem Menschen ist die Welt anvertraut. Wenn er nicht handelt, wer dann? Was aber kann er tun?

Ich habe meinem Sohn die üblichen Dinge aufgezählt, die wir zuhause versuchen, und die viele andere auch machen: Wir düngen im Garten mit Kaffeesatz statt mit Chemie und gießen das Nudelwasser in die Pflanzen statt in den Abfluss. Was kaputt ist, reparieren wir so gut es geht statt gleich Neues zu kaufen und was wir nicht mehr brauchen, geben wir im Tafelladen oder Second-Hand-Shop ab.

Mein Sohn war skeptisch: „Das reicht doch niemals aus!“ Auch da hat er recht. Das alleine genügt nicht. Aber es gibt ja noch mehr, was man tun kann. Ich habe mich mit Lebensmitteln beschäftigt. Bei Butter habe ich aufgehorcht: um ein Kilogramm herzustellen, braucht es rund 25 Liter Milch. Die kommt von Kühen und Kühe produzieren Methan, ein Klimagas, das weit schädlicher ist als CO2. Das CO2 kommt dann noch oben drauf, denn die Milch muss verarbeitet, die Butter verpackt und transportiert werden. Würde man Butter konsequent durch Margarine ersetzen, könnte man 134 Kilogramm CO2 sparen; pro Kopf und Jahr! Das ist eine Zahl, die durchaus Gewicht hat!

Kinder können mit solchen Zahlen wenig anfangen. Mit Bildern schon. Mein Sohn zählt unterwegs oft seine Schritte – und meckert auch gerne mal, wenn der Weg weit ist. Daran habe ich angeknüpft: ein Ziel erreicht nur, wer viele kleine Schritte geht, auch wenn die mühsam sind. Das ist beim Wandern so – und auch beim Klimaschutz.

Senfkörner der Hoffnung

Ich habe mir eben einige Sonntagsgedanken über die Umwelt gemacht, darüber, wie es um sie steht. Wir müssen dringend etwas tun. Aber kann ich als Einzelner etwas bewirken? – Ja, ich denke schon.

Amerikanische Forscher sagen: Es braucht nur 3,5 Prozent[1] einer Bevölkerung, um einen Wandel herbeizuführen und politisch etwas zu bewegen; in Deutschland sind das knapp drei Millionen Menschen. Dafür muss man nicht gleich Klimaaktivist werden. Es reicht schon, das eigene Verhalten zu überdenken, bewusst zu leben und Umweltthemen wachzuhalten.

Bewusstsein schaffen und konkrete Maßnahmen ergreifen – das also empfehlen die Forscher. In der jüdisch-christlichen Tradition gibt es diese beiden Säulen schon immer: Die Bibel schwärmt oft von der wunderbaren Schöpfung und macht so bewusst, dass man sie schützen muss. Und sie macht konkrete Vorschriften, um sie zu bewahren. In den Gesetzestexten des Alten Testaments steht zum Beispiel, dass Felder alle sieben Jahre brach liegen sollen, um ihre Kraft nicht zu verlieren.

Die Themen heute sind andere als damals. In den Kirchen gibt es mittlerweile ganze Abteilungen für Energiefragen und Umweltschutz. Mit der Kirche von Bruchsal haben wir uns der Initiative „fair.nah.logisch.“[2] angeschlossen. Sie versucht, Zusammenhänge zu erklären und konkret aufzuzeigen, wie man fairen Handel unterstützen, regional einkaufen und ökologisch nachhaltig handeln kann. So ist bei uns der „Umwelt-Tipp des Monats“ entstanden, durch den auch ich immer wieder dazulerne: Dass jeder Klick am Handy und jede einzelne E-Mail Strom brauchen, habe ich mir zum Beispiel bisher nie wirklich klar gemacht. Wird der Strom aber nachhaltig produziert? Über Telefon- und Internetverträge kann ich das steuern. Neu war mir auch, dass zehn Prozent der Treibhausgase entstehen, weil Lebensmittel verschwendet und dann neu produziert werden. Ich kann dazu beitragen, diesen Anteil zu reduzieren, wenn ich bewusst einkaufe und überschüssige Lebensmittel abgebe, bevor sie schlecht werden.

Durch die Initiative „fair.nah.logisch.“ hat sich auch in unserem Büro etwas verändert: ein Korb mit regionalem Obst ersetzt die Süßigkeiten, die oft in Plastik eingepackt sind. Wenn wir Büromaterial kaufen, achten wir auf Umweltsigel und lassen es in Boxen liefern, die wiederverwendet werden. Die kommende Woche ist ganz der Schöpfung gewidmet: Wir laden in den Weltladen Bruchsal ein und auf einen Bauernhof in der Umgebung. Und wir machen die Schöpfung zum Thema in vielen Gottesdiensten.

In denen wird dann vielleicht auch das Lied vom kleinen Senfkorn Hoffnung gesungen. Ein Senfkorn ist winzig, aber es wächst zu einem stattlichen Baum, der Früchte trägt. Dieses Bild soll Mut machen, weiterhin viele kleine Schritte zu gehen. Denn wenn ich und mit mir viele andere zum Beispiel nur noch kaufen, was fair gehandelt und nachhaltig produziert ist, werden die Hersteller ihr Angebot irgendwann anpassen. Das bewegt dann hoffentlich auch die Politik. Und am Ende wird groß, was klein und unscheinbar begonnen hat. Davon bin ich überzeugt. Was haben doch gleich jene Forscher gesagt: Es braucht nur 3,5 Prozent einer Bevölkerung, damit aus dem Senfkorn Klimaschutz ein stattlicher Baum wird.

 

[1] Die Infos sind dem „Schöpfungskalender 2023“ entnommen: https://www.chrismonshop.de/oekumenischer-prozess-umkehr-zum-leben-den-wandel-gestalten-schoepfungszeit-kalender-2023-4627.html

[2] Vgl. https://www.fair-nah-logisch.de

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38428
weiterlesen...