Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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04SEP2023
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Heute vor 58 Jahren starb der große Theologe, Publizist und Organist Albert Schweitzer, der berühmte Tropenarzt im afrikanischen Lambarene. Ihn hat das atomare Inferno im Jahr 1945 bis ins Mark erschüttert, als Hiroshima und Nagasaki in Schutt und Asche versanken und auf der Stelle über 100. 000 Menschen zu Tode kamen.  

Schweitzers Freund, der Physiker Albert Einstein, hatte ihn danach geradezu beschworen, mit der ganzen Autorität seiner Person auf die Politik einzuwirken, um Atomwaffen zu ächten und aus der Welt zu verbannen. Was die Großmächte nicht hinderte, die noch schrecklichere Wasserstoffbombe zu entwickeln und ein irrsinniges atomares Wettrüsten zu beginnen.

1952 erhielt Albert Schweitzer den Friedens-Nobelpreis. In seiner legendären Osloer Friedensrede stellt er fest, der Mensch sei im Blick auf die Waffentechnologie „zum Übermenschen“ geworden, leide aber an einem fatalen Defizit: Seine Vernunft habe mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten. Daher würden nun die Errungenschaften von Wissenschaft und Technik zur tödlichen Gefahr.

In meinen Worten: Der moderne Krieg ist uns über den Kopf gewachsen. Der Vernunft entglitten, wird er zum Monster, das uns vor sich hertreibt.

Ich fürchte, das trifft ins Schwarze. Die banale Kriegslogik, die sich wieder breit macht, gibt Albert Schweitzer recht. Viele meinen, Krieg, diese Ausgeburt der Hölle, sei nach wie vor politikfähig, als kämpften wir mit Holzsäbeln gegeneinander. Wieder andere, die das Ausmaß eines Atomschlags erahnen, ducken sich weg, schauen einfach nicht mehr hin – genau so un-vernünftig! Dabei steht die sogenannte „Weltuntergangsuhr“ neunzig Sekunden vor Zwölf.

Friedens-Ethik beginnt mit dem Gebrauch der Vernunft. Und die sagt: Krieg kennt nur Verlierer. Wenn die Vernunft nicht Einhalt gebietet und die Eskalation stoppt, wird ein Atomschlag immer wahrscheinlicher. 

Albert Schweitzer macht mir Mut, weiterhin geduldig zu argumentieren: Krieg ist jenseits aller Vernunft. Ich werde ihn – wie Papst Franziskus – ächten und demaskieren als das, was er wirklich ist: „Eine Niederlage der Menschheit.“  Der Krieg muss aus den Köpfen, erst dann wird Friede sein.   

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38347
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