SWR3 Gedanken

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21AUG2023
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„Ich bin ehrlich. Ich sag die Wahrheit, egal, was andere von mir denken.“ Wenn jemand das zu mir sagt, hat das oft so einen trotzigen Ton. Und manchmal habe ich den Eindruck: Da hat aber auch jemand Lust, die Wahrheit möglichst brutal zu sagen.

Als Wolfram Gössling erfuhr, dass er Krebs hat, sagte der behandende Arzt ihm das so: "Die Behandlung wird hart, ich bringe dich an den Rand des Abgrunds, lasse dich dort baumeln, dann hole ich dich zurück und bringe dich in Sicher­heit." Eine schreckliche Krankheit und eine brutale Wahrheit. Das Besondere: Wolfram Gössling ist selbst Krebs-Spezialist und weiß also ganz genau, was diese Krankheit bedeutet.

Wolfram Gössling sagt selbst. Zu einem seiner eigenen Patienten hätte er diesen Satz nicht gesagt, aber für ihn sei das gut gewesen. Weil er wusste, woran er ist und er wusste, dass sein Kollege die Sache richtig einschätzt.

Muss die Wahrheit immer brutal sein? Ich lerne daraus: Kommt drauf an. Denn: Wenn es darum geht, die Wahrheit zu sagen, soll es ja nicht um mich gehen. Und schon gar nicht, um mein Bedürfnis anderen gnadenlos die Wahrheit zu sagen. Ich finde: Auch bei der Wahrheit geht es darum, ob ich gut oder schlecht mit Menschen umgehen will. Manchmal muss das hart sein, manchmal aber eben auch vorsichtig. Kommt eben auf den an, dem ich diese Wahrheit.

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