SWR2 Wort zum Tag

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03AUG2023
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Ein bisschen seltsam ist es schon, was die hebräische Bibel da berichtet: „Als Mose vom Berg Sinai herunterstieg, die beiden Gesetzes-Tafeln in der Hand, wusste er nicht, dass die Haut seines Gesichtes Licht ausstrahlte, weil er mit dem Herrn geredet hatte. Als Aaron und alle Israeliten Mose sahen, strahlte die Haut seines Gesichtes Licht aus, und sie fürchteten sich, in seine Nähe zu kommen.

Dann kamen alle Israeliten herbei, und er übergab ihnen alle Gebote, die der Herr ihm auf dem Sinai mitgeteilt hatte.

Wenn die Israeliten das Gesicht des Mose sahen und merkten, dass die Haut seines Gesichtes Licht ausstrahlte, legte er den Schleier über sein Gesicht, bis er wieder hineinging, um mit dem Herrn zu reden.“ (aus Ex / 2. Mose 34, 29-35)…

Schade: für die anderen Menschen scheint es gefährlich zu sein, sie fürchten sich davor – als könnte die heilige Strahlung auch sie treffen und verletzen; und von göttlichem Licht getroffen zu werden, das galt da eben als sehr gefährlich. Deswegen verschleiert Mose sich – und kann nur so auch mit normalen Menschen reden und Gottes Botschaft mit ihnen teilen.

Friedrich Nietzsche sieht das – ein paar tausend Jahre später – anders: „Bessere Lieder müssten sie mir singen, dass ich an ihren Erlöser glauben lerne: erlöster müssten mir seine Jünger aussehen!“ (Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883, S. 15)

Wie schön wäre das aber doch; würde ich mir selbst und anderen Christenmenschen auch wünschen: Wer Gott begegnet, wer im Heiligtum ist oder nach dem Gottesdienst herauskommt, strahlt etwas aus – die Bibel beschreibt es ja als beinah physisch wahrnehmbare Strahlung in der Gesichtshaut: da leuchtet es, da ist Licht.

Schon klar: da dürfte dann bitte auch noch mehr sein – mehr jedenfalls als eine Strahlemann- oder Strahlefrau-Maske, die jemand aufsetzt, weil das jetzt dran ist. Wer Gott begegnet und sich getragen fühlt, wird Engagement mitbringen und Zuwendung oder sogar Liebe. Und Gutes tun, für andere Menschen da Sein und Zeit und Energie haben: das fällt auch mir leichter mit einem freundlichen Gesicht dabei; so ein innerliches Strahlen kommt bei den anderen Menschen auch besser an. Unverschleiert – aber hoffentlich ehrlich und glaubwürdig.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38146
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