Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

26JUL2023
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Dieser Sommer ist anders. Die Kinder sind weg und zum ersten Mal ganz allein auf Reisen. Das ist nicht alles: Meine Tochter hat die Schule jetzt beendet und ihr Zimmer ausgemistet; nach den Ferien beginnt sie ihren freiwilligen Wehrdienst, fast 400 Kilometer weit weg. Das ist ein eigenartiges Gefühl. 18 Jahre haben wir fast jeden Tag miteinander verbracht. Und bald ist sie nur noch Gast zuhause.

So wie mir geht es den meisten Eltern. Irgendwann ist es Zeit, loszulassen. Bei mir kommen da gerade ganz unterschiedliche Dinge zusammen: Ich bin dankbar, dass wir diese gemeinsame Zeit hatten. Ich bin wehmütig, dass sie vorbei ist. Ich mache mir Sorgen, was aus meiner Tochter wird; und ob meine Begleitung gut genug war. Ich bin unsicher, wie mein Sohn ohne Schwester klarkommt – denn die beiden waren ein richtig gutes Team. Und als letztes: Ich spüre ein wenig Freiheit. Da ist wieder Zeit und Raum für mich.

Es gibt ein Lied, das gut dazu passt, „Vertraut den neuen Wegen“. Es wird oft zu besonderen Anlässen gesungen; bei Taufen, bei der Erstkommunion, der Firmung und auch bei Hochzeiten. Also in Situationen, in denen sich das Leben ändert. Man könnte auch sagen: an Lebensübergängen. Es passt für mich deshalb so gut, weil es ausdrückt, worum es jetzt geht; in einer Situation, in der etwas Neues beginnt – sowohl für meine Tochter wie auch für mich. Der Text geht so:

Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt! Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land. Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit. Die Tore stehen offen. Das Land ist hell und weit.

Diese Strophe tut mir besonders gut, weil sie mir hilft, dass meine Gedanken weiter werden, dass ich über den Horizont hinausschauen kann. Und weil ich leichter loslassen kann, wenn ich Gott mit auf dem Weg weiß. Ich empfinde diese Liedstrophe sogar als Zusage: Du hast Deinen Teil getan. Du hast das Kind auf den Weg gesetzt und darfst vertrauen, dass es weitergeht. Es gibt eine Zukunft. Und: Du hast nicht alles in der Hand. Sei offen, für das, was kommt.

Das wünsche ich heute besonders den Eltern, die ihre Kinder in diesem Sommer loslassen, aus welchem Grund auch immer: dass sie dankbar bleiben und zuversichtlich. Dass sie vertrauen können, dass Gott irgendwo da draußen mit auf dem Weg ist. Und dass sie auch eine Zeit ohne Kinder schätzen und genießen können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38098
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