Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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11AUG2023
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Heute ist der Todestag von Johannes Tetzel. Vor genau 504 Jahren ist er in Leipzig gestorben. Dass man ihn heute noch kennt, liegt allein daran, dass Tetzel als Ablasshändler den Protest von Martin Luther provoziert hat. Vielleicht erinnern sie sich? Die 95 Thesen? Das war dann der Beginn der Reformation. Wie ein Marktschreier trat Tetzel auf. Man könne den Strafen für seine Sünden entgehen, wenn man den vom Papst ausgeschriebenen Ablass kaufe. So Tetzels Versprechen. Und das Angebot ging noch weiter: Mit päpstlichen Papieren ließen sich sogar Verstorbene aus dem Fegefeuer herausholen! Eine tolle Sache! Sünden begehen, Ablassbriefe kaufen und dann wieder ein reines Gewissen haben. Ein geniales Geschäftsmodell! Da kann man doch nicht „Nein“ sagen!

Wer nun glaubt, diese Form des Handels sei passé, der irrt. Den Ablass gibt es auch heute noch. Ja, er ist sogar voll im Trend. Nicht in der Kirche, aber in der Wirtschaft. Zum Beispiel im Tourismus. Der moderne Ablass funktioniert so: Ich möchte in den Urlaub fliegen oder mit dem Kreuzfahrtschiff unterwegs sein. Nun weiß ich natürlich, dass diese Flüge eine Unmenge von CO2 und andere Schadstoffe freisetzen und damit den Klimawandel beschleunigen. Beispiel: Ein Flug in die USA erzeugt mehr Treibhausgase als ein Jahr Autofahren. Da bekommt man schon ein schlechtes Gewissen.

Aber dagegen lässt sich etwas tun! So bieten mir Fluggesellschaften und Reedereien einen CO2-Ausgleich an. Mit einem etwas höheren Tarif finanziere ich ein Klimaschutzprojekt, z.B. das Anpflanzen von Bäumen. Ein Zertifikat bescheinigt mir dann dieses „Verschmutzungsrecht“. Und so habe ich wieder ein reines Gewissen.

Übrigens: Papst Franziskus hat dazu eine ganz klare Meinung. Und die lautet kurz und knapp: „Das ist Heuchelei!“1

 

 

1: https://www.kath.ch/newsd/papst-kritisiert-co2-kompensation-fuer-flugreisen/

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38085
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