Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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24JUL2023
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Transfrauen treffen den Papst. Klingt unwahrscheinlich. Ist aber so. Am Rande der wöchentlichen Generalaudienz trifft sich Papst Franziskus immer mal wieder mit transsexuellen Menschen. Er hat ein Gespür für ihre Situation.

Eingefädelt haben das Schwester Genevieve und Schwester Anna Amelia. Sie gehören dem Orden der Kleinen Schwestern an. Die teilen bewusst das Leben von Menschen, die eher am Rande der Gesellschaft stehen. Die beiden Schwestern leben seit vielen Jahren in der Welt der Schausteller. Sie wohnen in zwei umgebauten Bauwagen. Die stehen jetzt in einem Freizeitpark in Ostia vor den Toren Roms. Und die Schwestern betreiben selbst zwei Buden, ein Angelspiel und ein Wurfspiel. Von den Einnahmen bestreiten sie ihren Lebensunterhalt. Da sie sehr bescheiden sind, bekommt an ihrer Lostrommel jeder einen Gewinn.

Die Schwestern wollen bewusst für die Schausteller und die Besucher da sein. Schwester Genevieve sagt: „Es geht uns darum, für Kinder, Jugendliche und Familien, aber auch für alte Menschen präsent zu sein. Oft kommen Kinder mit ihren Großeltern, und dann merke ich: Die Verbindung und der Respekt zwischen den Generationen sind so wichtig!“ Und weil die Schwestern so einfühlsam sind, lösen die Gespräche an ihren Spielbuden bei den Besuchern einiges aus. Mit Freude im Herzen gehen sie dann weiter.

Aber die Schwestern verstehen ihren Auftrag noch weiter. Originalton Sr. Genevieve: „Mir ist wichtig, dass mein Einsatz über die Grenzen des Freizeitparks hinausgeht. Deshalb gehe ich in benachteiligte Stadtviertel in der Nähe, spreche mit den Menschen dort, bete mit ihnen und helfe, wo ich kann.“ Dabei hat sie auch die transsexuellen Mitmenschen kennengelernt. Und da sie den Papst noch aus Argentinien her kennt, hat sie den Kontakt zu ihm hergestellt. So kam es, dass der Vatikan in der Coronazeit transsexuelle Prostituierte unterstützt hat, damit sie das Lebensnotwendigste hatten.

So schlagen die Schwestern Brücken zwischen ganz unterschiedlichen Lebenswelten. Das ist eine Frucht ihrer Spiritualität. Sie teilen das Leben von Menschen am Rande der Gesellschaft, einfach so, weil diese Mitmenschen ihnen wichtig sind. Weil sie Gottes besondere Lieblinge sind. Missionieren wollen sie sie nicht. Für mich sind Schwester Genevieve und Schwester Anna Amelia ein ganz starkes Stück Kirche.

 

Bei dieser Ansprache stütze ich mich auf zwei Artikel: „Die Kirmes-Schwester“, von Pia Scheiblhuber, in der Zeitschrift „Kontinente“, Nr. 4 / 2023, S. 24, und „Die Spielbuden der Schwestern“ von Severina Bartonitschek in „Konradsblatt“ Nr. 25 / 2023 vom 28.06.2023, S. 24-25.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38081
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