Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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20JUL2023
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„Ach, da fragen wir den Mohammed!“ Meine Viertklässler hatten das gleich als Lösung parat, als ich auf eine schwierige Frage keine Antwort gewusst habe. Anna hatte gefragt: „Stimmt es, dass man eine Moschee mit dem rechten Fuß zuerst betreten muss?“ „Keine Ahnung“, habe ich gesagt, „aber ich kann mich schlau machen.“ „Ach, da fragen wir den Mohammed!“ Mohammed ist ein Mitschüler. Er ist Moslem. Jetzt ist er als Experte für seine Religion gefragt. Wenn ihm die Frage zu schwer ist, wird er einfach seine Eltern fragen.

Wir haben uns überlegt, dass Mohammed dann fairerweise auch die evangelischen Kinder etwas fragen darf. Schließlich sind sie so etwas wie Experten für ihren Glauben. Die Kinder warten jetzt gespannt auf seine Fragen. Wenn sie keine Antwort wissen, können sie sich ja immer noch schlau machen und lernen dann selbst etwas dazu.

Jan hatte in der Zwischenzeit schon weitergedacht. „Kennst Du einen Juden, hier an der Schule?“ Wieder musste ich passen: „Das weiß ich nicht. Das sehe ich einem Kind ja nicht an.“ Besorgt haben sie die nächste Frage hinterhergeschoben. „Und wen fragen wir dann, wenn wir etwas über das Judentum wissen wollen?“ Ihnen ist klar: In unsrer Stadt gibt es keine jüdische Gemeinde, die wir besuchen oder einladen könnten.

Ich vermute, so aufgeweckte Kinder wie meine haben dazu beigetragen, dass vor einigen Jahren eine Aktion erfunden worden ist, die Treffen mit jüdischen Menschen organisiert.  „Meet a Jew“ heißt sie, „Triff einen Juden“. Schulklassen und Gruppen können einen jüdischen Menschen aus ihrer Region einladen, um mehr über sein Leben und seine Religion zu erfahren. In der Regel sind das junge Leute. Auch sie sind Experten, für ihre Religion. Also versuchen sie, die Fragen von Kindern und Jugendlichen zu beantworten. Fragen wie: „Feiert Ihr Weihnachten?“

Ich finde es gut, dass Menschen aus verschiedenen Religionen nicht nur übereinander reden, sondern miteinander. So lernen sie einander besser kennen und verstehen, was für die anderen wichtig ist.

Und was das Judentum angeht: schon meine kleinen Reli-Experten wissen, dass Jesus ein Jude war. Und dass unser Altes Testament das Heilige Buch des Judentums ist. Noch ein Grund mehr, miteinander ins Gespräch zu kommen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38030
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