SWR2 Wort zum Tag

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19JUL2023
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Es gibt Problembären, Problemrocker und Problempolitiker. Aber gibt es auch Problempäpste? Ich meine: Ja. Für mich ist Papst Pius IX. ein echter Problempapst. Denn bis zu seinem Pontifikat haben Bildung und Wissenschaft in der Kirche eine große Rolle gespielt! Christliche Schulen gibt es auf der ganzen Welt. Klosterbibliotheken, Buchdruck und Universitäten – was haben Christinnen und Christen da über Jahrhunderte alles aufgebaut.

Und dann kommt Papst Pius IX. und macht so vieles kaputt. Auf einem Konzil vor rund 150 Jahren hat er nicht nur festgelegt, dass Päpste ab jetzt unfehlbar sind. Er lehnt sich auch gegen die ganze Moderne auf. Der Fortschritt soll in der Kirche keinen Platz haben. Das hängt der Kirche bis heute an: Das Christentum gilt vielen als engstirnig und ohne Lust auf die Zukunft.

Ich möchte deshalb nochmal an die Bibel erinnern. Ganz am Anfang steht dort: Wir sind alle ein Abbild Gottes.  Nach seinem Bild geschaffen. Doch um Gott noch ähnlicher zu werden, kann ich etwas tun. Ich kann mich weiterbilden, kann ständig dazu lernen. Dabei darf ich alles kritisch hinterfragen. So kann der Mensch immer mehr zu einem „Bild Gottes“ werden. Daher sprechen wir von Bildung.  Ein gebildeter Mensch ist für mich jemand, der nicht nur viel weiß, sondern der auch seine Grenzen kennt. Der nicht anfängt Gott zu spielen, sondern Rücksicht nimmt auf die Natur und Risiken abwägt.

Wahrscheinlich hat die Kirche noch heute das größte Bildungsnetzwerk der Welt – trotz Papst Pius. Auf allen Kontinenten lernen Kinder und Jugendliche in kirchlichen Schulen oder studieren später in kirchlichen Universitäten. Allein der Orden der Jesuiten betreibt rund 40 Universitäten. Weil es darum geht, mehr von der Welt zu verstehen. Weil es dazu den ganzen Menschen braucht, der auch bereit ist, Verantwortung zu übernehmen.

Wenn ich mich also am Wochenende mit Freunden zum Grillen treffe und sich alle mal wieder über die Kirche aufregen, dann will ich unterscheiden: Papst Pius IX. hat der Kirche einen Bärendienst erwiesen. Da fällt mir vor Wut heute noch die Grillzange aus der Hand. Viele Probleme der Kirche gehen auf ihn zurück. Aber es gibt auch diese andere Seite. Das Christentum ist und bleibt die größte Bildungsbewegung aller Zeiten. Dafür macht sich heute auch Papst Franziskus stark. Weil Bildung uns wachsen lässt – und sie uns Gott ähnlicher macht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38012
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