SWR2 Wort zum Tag

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13JUL2023
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Vor mir fliegt ein Schmetterling über den Weg. Lustig flattert er auf und nieder, bis er sich auf einer der Blumen am Rand niederläßt, um dann gleich wieder weiterzufliegen. Wir sind mit der Familie auf dem Rheindamm südlich von Speyer zu einem Spaziergang unterwegs. Auf der rechten Seite des Dammes die fruchtbaren Äcker und Streuobstwiesen von Römerberg und links der Rheinauenwald mit seinen vielen Eschen, Pappeln und Eichen auf feuchtem Grund. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern und alles duftet herrlich nach Sommer.

Schon länger war ich nicht mehr zu einem Spaziergang draußen in der Natur und erst jetzt merke ich, wie sehr mir das gefehlt hat. Ich genieße die frische Luft, den blauen Himmel, die Wärme der Sonne, den fröhlichen Gesang der Vögel. Mein Schritt wird leicht und beschwingt. Ein Sommerlied kommt mir in den Sinn: Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit. Es ist von Paul Gerhardt. Vor 370 Jahren, hat er es gedichtet. Fünf Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges. Auch nach 30 Jahren Krieg und Zerstörung, Hunger, Gewalt und Seuchen, kann er sich noch, oder vielleicht gerade deswegen wieder, am Reichtum und der Schönheit der Natur freuen. Und ein Lied dichten, das das Leben und das Gottvertrauen besingt.

Geh aus mein Herz und suche Freud. Recht hat er mit seiner Aufforderung. Wer zu lange in der Stube bleibt, versauert irgendwann. Verlernt den Gang nach draußen. Sucht und sieht vielleicht gar nicht mehr das Schöne und Gute, sondern nur noch das, was alles schlecht und misslich ist.

Paul Gerhardt ermuntert dazu, die Freude zu suchen. Vielleicht gerade auch dann, wenn es einem nicht so gut geht. Der Sommer bietet so vieles, was das Herz erfrischt, und die Seele erfreut. Und in der Natur kann beim Spazierengehen so vieles entdeckt werden: „Schau an der schönen Gärten Zier“, dichtet er, „und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben“. In all der Herrlichkeit und Schönheit der Natur sieht er Zeichen von Gottes Güte.

Ja, denke ich, es ist eigentlich ganz einfach. Und ich müsste es viel öfter tun. Rausgehen. In die Natur. Und das Leben sehen. In seiner ganzen Fülle. Und so die Freude suchen und finden. Wenn die Sonne scheint, die Vögel zwitschern und alles herrlich nach Sommer duftet.

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