SWR2 Wort zum Tag

23JUN2023
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Irgendwann geht es für jeden zu Sache, ja oder nein. Wenn ich mich für einen Beruf  oder eine Partnerin entscheide, ob in finanziellen Fragen oder  in schwerer Krankheit  – wir müssen wählen, wir müssen Position beziehen. Ein Leben nur auf Probe oder unter Vorbehalt ist nicht möglich.  Woran glaubt, wer nicht glaubt?  Dieser Frage kann auf die Dauer niemand ausweichen. Denn ohne Glauben und Vertrauen geht’s nicht. Jeder Mensch und jede Zeit muß sich klar werden, was ihnen lebenswichtig ist, überlebenswichtig.  Gerade heutzutage ist es wichtig, eine klare Überzeugung zu haben und darüber offen ins Gespräch zu kommen.

Das gilt nicht zuletzt für Christinnen und Christen. Wir sind rechenschaftspflichtig, wir haben klar zu sagen und zu leben, was wir glauben.  Bei einem ist das besonders gut zu lernen, bei einem  der größten Denker des Christlichen, Blaise Pascal. Vor 400 Jahren wurde er geboren, und seine „Gedanken über die Religion“ sind eine Schatzkammer großartiger Anregungen auch heute. Pascals Kurzformel  authentischer Spiritualität ist genial einfach:  von Gott redet demnach glaubhaft nur, wer auch vom menschlichen Elend redet -  sonst bleibt es beim Herumspekulieren, theistisch oder atheistisch. Dem menschlichen Elend  aber kann illusionslos nur standhalten, wer an Gott glaubt – sonst wird er verrückt oder spielt blinde Kuh.  Wo beides zusammen gewagt wird, ist man dem Evangelium mindestens nahe . Denn in Jesus Christus kommt beides ans Licht: das Geschenk göttlicher Gegenwart und das Ausmaß menschlicher Not, aufgestanden ist er ja als der Niedergeschlagene, Heiland ist er als der Gekreuzigte.  „Man kann Jesus Christus nicht kennen, ohne sowohl Gott als sein eigenes Elend zu kennen“, so lautet einer der Grundsätze von Blaise Pascal, ebenso knapp wie zutreffend (fr 556).

Es ist ein Gütezeichen authentischer  Spiritualität, das Leben  weder zu verteufeln noch zu beschönigen. Wer unterschlägt, dass die Welt oft wie ein Irrenhaus wirkt und Schreckliches geschieht, bleibt verdächtig. Schönfärberei hilft nicht, aber Schwarzseherei auch nicht. Pascals Faustregel des Christlichen dagegen bringt genial auf den Punkt, worauf es ankommt.

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