SWR4 Sonntagsgedanken

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11JUN2023
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Das brauchen gerade so viele, neue Freude und Ermutigung, ja Hoffnung statt Zukunftsangst. Ausgerechnet viele jüngere Menschen haben Angst vor den vielen Krisen unserer Zeit, erst recht vor den Folgen! Aber Angst ist eine schlechte Ratgeberin. Und es darf nicht so weit kommen, dass der Geist der Furcht das ganze Leben beherrscht. Ich jedenfalls wehre mich dagegen, und mein Glaube ruft mich dazu auf. Am heutigen Sonntag ganz konkret mit einem Wort aus der Bibel. Da heißt es:  Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. 

Kraft, Besonnenheit und Liebe – mit diesem Geist schickt Gott mich ins Leben. Und der heutige Sonntag hilft mir, Atem zu holen, neue Kraft zu schöpfen und die Hoffnung zu stärken. Sonntags lasse ich ganz bewusst meinen Alltag los. Ich lasse die Illusion los, dass ich alles steuern und lösen könnte.  Ich verändere die Perspektive, im Gottesdienst oder bei einem Spaziergang, und lege das, was mich umtreibt ganz bewusst in Gottes Hand.  Immer geht es darum, bewusst loszulassen und etwas Schönes und Erfreuliches in den Blick zu nehmen.  

Gerade in angespannten Zeiten hilft es mir, bewusst nach oben zu schauen, mich auch neu auf Gott auszurichten. Ich vertraue ihm die eigenen Sorgen an, in einem stillen Gebet, manchmal auch, indem ich diese aufschreibe und laut im Gebet ausspreche.

Mir hat dabei in letzter Zeit auch immer wieder das eben genannte Bibelwort geholfen: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Immer wieder habe ich über diesen Satz nachgedacht, ihn sozusagen meditiert und nachwirken lassen.

Interessanterweise wird darin zuerst betont, was der Geist Gottes nicht ist.
Er ist nicht der Geist der Furcht. Tatsächlich ist die Bibel voll von Geschichten und Begegnungen in denen Menschen sich fürchten oder zunächst nicht weiterwissen. Deshalb lässt Gott oft als allererstes folgenden Gruß ausrichten: Fürchte dich nicht! Und dabei passiert etwas. Die Angesprochenen verlieren ihre Angst, die Furcht weicht. Ihnen werden die Augen für etwas Neues geöffnet. Für die Wirklichkeit Gottes, für seine Hilfe, für sein wohlwollendes und heilendes Handeln. Oder eben eine neue Hoffnung oder Perspektive eröffnet. Zum Beispiel den Hirten in der Weihnachtsgeschichte. Ihnen wird gesagt: Euch ist heute der Heiland geboren. Gottes Hilfe für euch ist da.

Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht. Diesen Gedanken nehme ich in den heutigen Sonntag hinein. Meine Sorgen und Ängste werden kleiner, weil ich an die Möglichkeiten Gottes glaube, weil ich sein „Fürchte dich nicht“ heute für mich höre.

Denn in der Bibel heißt es: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Das sind die Geschenke Gottes: Kraft, Liebe und Besonnenheit.

Haben Sie das auch schon erlebt? Von manchen Menschen geht eine besondere Ausstrahlung aus. Sie vermitteln Ruhe oder Freude, geben etwas Anregendes mit oder können einen begeistern. So ist es auch mit Gottes Geist. Er wirkt in das Leben hinein. Zum Guten.

Und er macht auch mit mir, mit Ihnen etwas. Wenn ich mich Gott öffne, wenn ich zum Beispiel zu ihm bete, erhalte ich etwas zurück. Glaube macht etwas mit mir.

Ich erhalte neue Kraft. Auch gegen das, was mich belastet. Da kommt Dynamik ins Leben hinein. Die erst vor kurzem verstorbene Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff hat in ihrem Roman "Das Pfingstwunder" so etwas beschrieben. Wie Menschen in unserer realismusgeplagten Welt Gott erfahren. So muss der Geisteswissenschaftler und bisher "knochenharte Realist" Professor Gottlieb Elsheimer begreifen, dass die Welt aus mehr als bloß Fakten besteht. Allein schon deshalb, weil ihn und andere in einem Raum diese Kraft erfasst und unversehens eine neue Sicht auf die Welt schenkt.

Neben der Kraft, die Menschen überrascht und bewegt, steht aber hier die Liebe. Gottes Kraft wird immer von der Liebe getragen. Sein Geist bewirkt in Menschen eine andere Haltung. Es geht nicht um Macht oder Triumph, sondern um neue Energie, die auch andere mitnimmt, die ansteckende Hoffnung verbreitet, die tragfähig ist. Genug Stärke, um der Furcht entgegentreten zu können.

Und als drittes Geschenk gegen die Furcht und Hoffnungslosigkeit schenkt Gottes Geist Besonnenheit. Also Vernunft und Einsicht, Geduld und Lebensweisheit, ein tiefes Durchatmen, damit die nötige Ruhe wieder einkehren kann.

Das alles ist die Grundlage für neue Hoffnung. Für Hoffnung statt Zukunftsangst. Gott hat uns nicht gegeben der Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.

Dieser Geist Gottes soll auch in Ihrem Leben am heutigen Sonntag zum Zuge kommen. Ich glaube, dass Gott dieses Wunder tun kann oder wie es Ben Gurion, der Mitbegründer und spätere Ministerpräsident des Staates Israel einmal ausgedrückt hat: Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.

Hoffnung statt Zukunftsangst, das wünsche ich Ihnen von Herzen und einen gesegneten Sonntag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37835
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