Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

14JUN2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

200 Kilometer für ein Antibiotikum. So weit ist mein Bruder gefahren, um das dringend benötigte Medikament für seinen Sohn zu bekommen. Er hat genau das erlebt, was seit Monaten immer wieder Thema ist: Zahlreiche Medikamente sind knapp und einige kaum noch zu bekommen.

Wie kann das bei uns möglich sein? Die Folgen des Krieges spielen eine Rolle, auch die Pandemie. Aber das eigentliche Problem ist älter und viel grundsätzlicher: Verantwortliche im Gesundheitswesen stellen immer noch die falsche Frage! Nämlich: „Wieviel verdiene ich, wenn ich Dich gesund mache?“ Das ist jetzt vereinfacht formuliert. Aber es trifft den Kern des Problems: Die Krankenkassen haben den Pharmaherstellern immer weniger für ihre Arzneimitteln bezahlt; weshalb die ihre Produktionen eingestellt oder nach Asien verlagert haben. Das Ziel: Kosten sparen und Gewinn erwirtschaften. Mit der Folge, dass Medizin dann nicht da ist, wenn sie gebraucht wird.

Was in diesem ganzen System allerdings keine Rolle zu spielen scheint ist: da sind Menschen, die krank sind und Hilfe brauchen; die Sorge um sie, dass sie gesund werden, die scheint an zweiter Stelle zu stehen.

Dazu passt das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter. Jesus erzählt von einem Mann, der unter die Räuber gefallen ist und halb totgeprügelt wurde. Um zu überleben, brauchte er einen, der stehenbleibt, der sich kümmert. In der Bibel steht: „Als der Samariter ihn sah, wurde er innerlich bewegt; und er trat hinzu und verband seine Wunden und goss Öl und Wein darauf; und er setzte ihn auf sein eigenes Tier und führte ihn in eine Herberge.“ (Lukas 10, 25-37)

Damit noch nicht genug: Weil der Samariter weiterreisen musste, hat er dem Herbergs-Wirt Geld dagelassen, damit der den Verletzten gut pflegen kann. Keine Frage, Medizin kostet Geld. Der Samariter hat es ausgeben, damit der Verletzte gesund wird. Er selbst hatte nichts davon.

Von der Pharmaindustrie erwartet man nicht, dass sie selbstlos oder gar aus reiner Nächstenliebe arbeitet. Dennoch haben auch Arzneimittelhersteller eine Verantwortung. Wer sich um die Gesundheit von Menschen kümmert, der ist dazu verpflichtet.

Der überfallene Mann hatte Glück, weil zufällig einer vorbeikam, der Mitleid hatte und die Not gesehen hat. Mein Bruder hatte Glück, weil unser Cousin Apotheker ist und zufällig genau das richtige Medikament im Schrank hatte.

Aber Menschen sollten nicht zufällig gesund werden oder deshalb, weil ein Konzern mit ihnen gut Geld verdienen kann. Gesundheit zählt zu den Menschenrechten. Deshalb muss die bestmögliche Versorgung immer an erster Stelle stehen!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37785
weiterlesen...