SWR2 Wort zum Tag

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06JUN2023
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Wer häufig Reden halten muss, hat in der Regel jemanden, der ihn oder sie dabei unterstützt. So jemanden, der Texte für andere schreibt, den nennt man einen Ghostwriter. Seine Aufgabe ist es, sich mit dem gestellten Thema auseinanderzusetzen, gute Argumente zu sammeln, rhetorische Kniffe einzubauen und natürlich das zu vertreten, was im Sinne des Auftraggebers ist. Damit das gelingt, muss der Ghostwriter oder die Ghostwriterin sich gut in einen anderen einfühlen können. Er muss wissen, wie der andere denkt und spricht und ihm die richtigen Worte in den Mund legen. Im besten Fall gibt es eine gewisse Übereinstimmung zwischen beiden und sie sind „eines Geistes“.

Einen ganz besonderen Ghostwriter hatte der Apostel Petrus. In der Bibel wird davon berichtet, dass er eine fulminante Rede gehalten hat und seine Zuhörer regelrecht fesselte. Das war an Pfingsten. Zuvor war Petrus nicht als der große Redner aufgefallen. Von Beruf war er Fischer. Sicher ein zupackender Mann. Auch einer, der eine eigene Meinung hat. Ich stelle ihn mir als Anführer-Typ vor. Aber die großen theologischen Zusammenhänge erkennen und darüber auch noch eine Rede halten, das hätte niemand dem Petrus zugetraut. Am wenigsten er selbst. Doch genau das hat er an Pfingsten getan, als er vom Plan Gottes erzählt hat und wie es jetzt nach dem Tod und der Auferstehung von Jesus weitergehen soll.

Diese Worte und Gedanken hat ihm ein anderer eingegeben – der Heilige Geist. Der war sozusagen sein Ghostwriter. In der Bibel wird erzählt, dass der Heilige Geist wie eine feurige Zunge auf Petrus herabgekommen ist. Das finde ich ein sehr anschauliches Bild. Der Heilige Geist hat ihm die Worte in den Mund gelegt. Und das war so gut, dass niemand den Eindruck hatte, Petrus verkündet einen fremden Text. Im Gegenteil. Petrus ist erfüllt vom Heiligen Geist, er wird innerlich von ihm so durchdrungen, dass er „eines Geistes“ mit ihm wird. Seine Worte sind ganz authentisch und gehen zugleich weit über ihn hinaus. Er trifft seine Zuhörer ins Herz und jeder kann ihn sogar in seiner eigenen Muttersprache verstehen, wie es in der Apostelgeschichte heißt.

Den Heiligen Geist als Ghostwriter haben. Das wünsche ich mir auch. Ich glaube, das kann gelingen, wenn ich dem, was mich ermutigt und aufatmen lässt, innerlich Raum gebe. Ich vertraue darauf, dass der Heilige Geist auch in mir wirken kann. Vielleicht nicht so fulminant wie damals bei Petrus, aber eben doch so, dass es mir immer wieder gelingt, das Herz von anderen Menschen zu erreichen.

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