Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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31MAI2023
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Wie gelingt es, sich gut zu verabschieden? Ein ganz lieber und erfahrener Kollege hat es mir gezeigt. Er heißt Helmut, und im entscheidenden Abschiedsmoment stehe ich mit ihm unter der Haustür bei unserem Büro. Helmut und ich waren ein gutes Team, aber ich nehme eine neue Stelle an, und der Abschied von meinem Kollegen fällt mir schwer. 

Das letzte Tschüss ist gesagt und ich will gerade losgehen, da fängt es auf einmal an, wie aus Kübeln zu schütten. Helmut zeigt nach oben und sagt voller Inbrunst: „Der Himmel weint, weil du gehst.“ Dabei schaut er mich liebevoll und ein bisschen schelmisch an.

Für mich war das ein echter Gänsehautmoment. Mein Kollege hat so charmant auf den Punkt gebracht, wie er zu mir steht, dass sich in dem Moment irgendwie auch bei mir etwas gelöst hat. Mein eigener Abschied von der alten Stelle ist da erst richtig möglich und irgendwie auch gut geworden. Es hat sich fast so angefühlt, als hätte mir mein Kollege da mitten im Platzregen so eine Art persönlichen Abschiedssegen mit auf den Weg gegeben. 

Abschiede sind meist traurig, weil ich ein Stück meines Lebens loslasse. Oder einen Ort, an dem ich mich zu Hause gefühlt habe. Oder einen Menschen. Oder eine Art zu leben, die schön für mich war, aber die jetzt einfach nicht mehr passt.

Aber gleichzeitig sind Abschiede wichtig. Wenn ich mich in aller Ruhe verabschieden kann, auch mit allem, was in mir drin los ist, kann ich auf das Neue, das kommt, leichter zugehen und mich offener darauf einlassen. So wie bei Helmut und mir.

Nicht umsonst gibt es unter Christen die Tradition des Abschiedssegens. Ich denke an die Irischen Segenswünsche. Da heißt es zum Beispiel: „Möge Gott auf dem Weg, den du gehst, vor dir hereilen. Mögest du immer Rückenwind haben. Möge dir die Sonne warm ins Gesicht scheinen und sanft auf deine Felder fallen. Gott halte dich in seiner schützenden Hand, bis wir uns wiedersehen. Gott sei mit dir und segne dich.“

Diese Irischen Segenswünsche haben für mich so etwas von einem zuversichtlichen Wegschicken. Da kann jemand den anderen zuversichtlich gehen lassen.

Mein Kollege Helmut hat mir gezeigt, wie Abschiednehmen gut funktionieren kann. Bei ihm habe ich auch als diejenige, die geht, viel Zuversicht mitgenommen. „Der Himmel weint, weil du gehst.“ Damit hat mir Helmut ein bisschen sein Herz aufgemacht und mich dennoch einfach ziehen lassen. Das hat mir gut getan, so wie ein echter Segen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37733
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