Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

29MAI2023
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Das ist eine komplizierte Sache: sich gegenseitig verstehen. Und es ist nicht selbstverständlich. Es gibt zwar Menschen, mit denen verstehe ich mich ohne Worte. Mit meiner Lieblingsfreundin Anja zum Beispiel oder mit meinem Mann. Aber auch mit den beiden gibt es Momente, da ist es wichtig, dass ich ganz genau und gründlich ausspreche, was ich meine. Und auch umgekehrt, dass ich hinhöre und wirklich verstehen will, was meine Lieben mir sagen wollen.

Richtig kompliziert ist, diejenigen zu verstehen, mit denen ich keine gemeinsame Sprache finde. Oder die ich noch nicht gut kenne. 

In der Bibel gibt es eine Geschichte, da war es auf einmal möglich, dass sich solche Menschen verstanden haben. Das war an Pfingsten.

Die Jünger Jesu sind alle zusammen in einem Haus in Jerusalem. Und gleichzeitig ist dort in der Stadt viel los. Denn es ist gerade das große jüdische Wochenfest. Die Straßen sind voll von Leuten, die alle die unterschiedlichsten Sprachen sprechen. Die Kommunikation muss eine echte Herausforderung gewesen sein. Aber dann passiert etwas, und dann verstehen die vielen Fremden auf einmal ganz einfach, was die Jünger ihnen sagen wollen.

Wie genau das funktioniert hat, bleibt offen. Die Bibel spricht von einem Sturm und von Feuerzungen und vom Heiligen Geist, der plötzlich da war. Es muss regelrecht etwas über die Jünger hereingebrochen sein. Eine neue Kraft vielleicht, oder eben ein besonderer Geist. Und der hat bewirkt, dass jeder jeden verstehen konnte.

Das ist Pfingsten: wenn Menschen einander verstehen. Und das ist eine Sache der Liebe, davon bin ich überzeugt.Denn es hat ganz viel mit Liebe und Aufmerksamkeit zu tun, wenn Verstehen gelingt.

Mir ist die Sache mit dem Verstehen besonders wichtig. Und deswegen kann ich den Pfingstgeist auch sehr gut brauchen. Ganz besonders dann, wenn ich am anderen vorbeirede oder einfach nicht verstehe, was mir mein Gegenüber sagen möchte. Weil wir vielleicht unterschiedlich ticken. Manchmal bin ich auch einfach müde oder zu sehr mit mir selbst beschäftigt. Dann kann ich nicht wirklich geduldig oder offen sein. Es ist schon eine Kunst oder eine Geistesgabe, wenn es trotzdem gelingt und ich mich wirklich auf den anderen einlassen kann. Und andersherum gibt es das ja auch. Dass ich Vertrauen fasse und meinem Gegenüber das offen sage, was es braucht, dass er mich verstehen kann.

Pfingsten motiviert mich, dass ich wieder besser und so richtig zuhöre, und dass ich mich auch öffne, dort, wo ich das kann und möchte. Ich bin überzeugt: es ist wohl eine Kraft von oben im Spiel, wenn sich Menschen verstehen. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37731
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