SWR2 Lied zum Sonntag

SWR2 Lied zum Sonntag

07MAI2023
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Musik 1:

Vorspiel und „Ave Maria“

Diesen Anfang kennen vermutlich viele. Wenn die gebrochenen Akkorde der Begleitstimme erklingen, weiß ich, jetzt folgt das „Ave Maria“. In einer Melodie, die in sich ruht und sich von der bewegten Begleitung auch nicht aus dieser Ruhe bringen lässt. Viele Menschen wünschen sich dieses Lied bei besonderen Anlässen, bei Beerdigungen oder Hochzeiten. In meinen Augen liegt das daran, dass dieses Lied Gefühle anspricht und weckt. Manche sagen, dass es Kitsch ist. Ich vermute, dass sie das sagen, weil das Lied so emotional berührt. Vielleicht berührt so, weil diese bewegte Begleitung und die souveräne Melodie darüber mir spiegeln, was ich in meinem Leben auch kenne: Es gibt Krisenzeiten, in denen ich innerlich unruhig bin und mich nach dem Trost sehne, der mir wieder (die) innere Ruhe bringt.

Kaum jemand kennt den eigentlichen Titel dieses Liedes: „Ellens dritter Gesang“. Es stammt aus dem Gedicht-Zyklus „The lady of the lake“ von Walter Scott. Darin geht es um das Mädchen Ellen Douglas, das mit ihrem Vater auf der Flucht ist. Sie wollen der Rache des Königs entgehen und sind in einer Höhle versteckt:

Musik 2:

Erhöre einer Jungfrau Flehen,

Aus diesem Felsen starr und wild

Soll mein Gebet zu dir hinwehen.

Wir schlafen sicher bis zum Morgen,

Die Situation dieser jungen Frau trifft das, was auch ich in meinem Leben erfahre. Da gibt es eine schwere Krankheit, die mein Leben und meine innere Ruhe bedroht. Aber auch die Gewalt, die Menschen sich gegenseitig antun, wie in den aktuellen Kriegen, vor allem in der Ukraine und im Sudan: Ich habe eine große Sehnsucht nach einer inneren Ruhe, danach, dass meine Lebenswelt wieder heil wird. Als Christ erhoffe ich mir, dass mein Glaube mich tröstet. Ich baue dabei darauf, dass es in mir und in jedem Menschen einen inneren Kern gibt, der gut ist, und der unverletzlich und heil ist. Im Christentum gibt es dafür das Bild der Jungfrau, die ein Kind zur Welt bringt. Bei diesem Bild geht es nicht so sehr um biologische Tatsachen, sondern darum, dass die Geburt, die oft schmerzhaft ist und Spuren hinterlässt, etwas schenkt, was unverletzbar und heil ist. So hoffe ich für mich auch, dass hinter allen Narben und Verletzungen, die ich im Leben bekomme, im Innern meiner Seele etwas ist, das keine Gefahr erreichen kann, weil es von Gott geschützt ist. Das „Ave Maria“ hilft mir, diesen Trost zu finden und die Zuversicht, dass Gott mich heil durch alle Stürme des Lebens führt.

Musik 3:

„Ave Maria“ und Nachspiel

 

Musikquellen:

  • Musik:Ellens dritter Gesang (Ave Maria) gesungen von Sabine Devieilhe unter der Leitung von Raphael Pichon, bei Harmonia Mundi (HMM 905345)
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37626
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