Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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16MAI2023
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Heute feiert die katholische Kirche den Namenstag des Johannes von Nepomuk. Die meisten kennen ihn als „Brückenheiligen“. Vielerorts erinnert eine Figur an diesen böhmischen Priester aus dem späten Mittelalter. Die sicher bekannteste Skulptur steht auf der Karlsbrücke in Prag. Hier wurde der Geistliche auf Befehl des Königs nach schwerer Folter in die Moldau geworfen und ertränkt. Hintergrund des Verbrechens war ein Streit zwischen dem König und der Kirche.

Fast 300 Jahre lang stand auch eine Nepomukfigur auf der Flussbrücke im kleinen Ort Rech im Ahrtal. Dann kam die entsetzliche Flut am 14. Juli 2021. Die Wassermassen rissen einen Teil der Brücke weg, auch den Hl. Nepomuk. Die Ruine wurde zu einem Sinnbild der Katastrophe, der 134 Menschen zum Opfer fielen. Und wie wir heute wissen, hätten die meisten Anwohner gerettet werden können. Noch immer leiden die Betroffenen unter den Folgen der Flut. Der Wiederaufbau kommt mancherorts nur mühsam voran. Und die bohrende Frage bleibt: Wie konnte sich so etwas ereignen?

Wer für das Desaster juristisch verantwortlich ist, das prüfen Staatsanwaltschaft und Gerichte. Parallel versucht ein Untersuchungsausschuss des Landtags das Geschehen aufzuklären.

Worauf viele Menschen im Ahrtal aber noch immer warten, das bringt Werner Michael Minwegen auf den Punkt. Seine Eltern kamen bei der Flut ums Leben. Er beklagt: „Ich hätte mir eine ehrliche Entschuldigung gewünscht. Doch zu der ist es leider bis heute nicht gekommen.“1 Das kostbarste Gut einer Gesellschaft ist das gegenseitige Vertrauen.

Das aber kann nur wieder wachsen, wenn die Verantwortlichen die Kraft haben, die Betroffenen an der Ahr um Vergebung zu bitten.

Übrigens: Bei den Aufräumarbeiten fand man die kopflose Nepomukfigur. Sie wurde restauriert, mit einem neuen Kopf versehen und auf der Ruine der Brücke wieder aufgestellt. Und so ist der Hl. Nepomuk für die Einwohner von Rech zu einem Zeichen der Hoffnung geworden.

 

1: zitiert nach: Die Flutkatastrophe an der Ahr – Fehler, Folgen und Verantwortung. Eine SWR-Dokumentation, 2023. (43:22-43:30 min)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37622
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