SWR3 Gedanken

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06MAI2023
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Die Erde, die Sonne und die Sterne – sie sind alle Gottes Schöpfung. Das ist eine sehr alte Überzeugung. Sie steht ganz am Anfang der Bibel. Dass Gott einen Stern im Namen hat, ist dagegen eine recht junge Schöpfung. Immer öfter begegnet mir für das Wort Gott die Schreibweise G Sternchen t t.

Bevor ihr jetzt hochgeht, weil auch hier nun angeblich der Genderwahnsinn zugeschlagen hat:
Diese Schreibweise denkt eine jüdische Tradition konsequent weiter. Denn aus Respekt vor Gott und Gottes Namen ersetzen viele jüdische Gläubige den Vokal o mit einem Apostroph: G’tt.

Die Irritation ist volle Absicht: Wer hier beim Lesen stolpert, soll nachdenken über das eigene Gottesbild. Und es gerne erneuern und erweitern. Immer wieder. Und dieses Auslassungszeichen ist nun manchmal durch ein Sternchen ersetzt. Das Stolpern beim Sprechen ist einkalkuliert. Denn: alle Gottesbilder, auch die allzu männlichen werden hier in Frage gestellt. Und das ist richtig so.

Die Erzählungen über Gott in der Bibel sind von Menschen geschrieben, die so gedacht und geschrieben haben wie es in ihrer Zeit üblich war. Und die meiste Zeit ging es ganz schön patriarchal zu. Trotzdem finden sich da immer auch Zwischentöne. Der Gottesname zum Beispiel ist in der Bibel geschlechtslos. Und die Schöpfung Gottes ist ein Feuerwerk an Diversität. So viele Pflanzen und Tiere, die sich geschlechtlich nicht festlegen lassen.

Neben den Pflanzen, Tieren und Sternen hat Gott als eigenes Ebenbild auch den Menschen geschaffen. Und immer mehr Menschen nehmen wahr, dass die geschlechtliche Vielfalt auch bei uns größer ist, als wir uns das lange vorgestellt haben.

Gott mit Sternchen geschrieben – für mich ist das immer wieder ein Anstoß, meine eigenen Gottesbilder zu hinterfragen und zu erweitern.  Und deshalb finde ich gut, was der Theologe Jürgen Ebach sagt: »Wir haben schon gelernt, dass G*tt kein Mensch ist. Nun müssen wir noch lernen, dass G*tt kein Mann ist.«[1]

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[1] https://www.juedische-allgemeine.de/religion/sollen-wir-gott-gtt-oder-lieber-gtt-schreiben/

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37573
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