SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

29APR2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Wie schön es wäre, wenn es diese ganze Informationsflut nicht geben würde, die mich täglich auf allen Kanälen überschwemmt. Wenn nicht permanent die Probleme der Welt auf mich niederprasseln würden. Wenn wir das alles gar nicht wüssten. Wenn das Leben noch vor Ort stattfinden würde. Wenn die Leute noch im Hier und Jetzt leben würden, wie man sagen könnte. Was woanders passiert, wäre dann egal, weil man nichts davon wüsste.

Dann würde es uns egal sein, ob irgendwo in der Ukraine, im Jemen, in Syrien, im Sudan oder in Afghanistan Krieg herrscht. Dann hätten wir kein Problem damit, wie andernorts mit Minderheiten umgegangen wird. Ob in China Uiguren unterdrückt würden, ginge uns nichts an. Von Uiguren hätten wir sowieso noch etwas gehört. Wir würden uns um unseren eigenen Kram kümmern. Da gibt es ja schließlich auch genug zu tun. Es ginge uns nichts an, ob irgendwo der Regenwald abgeholzt oder das Wasser verschmutzt wird. Staatsformen in anderen Ländern wären uns egal. Von Kinderarbeit wäre nirgends die Rede. Welche Stellung Frauen in anderen Weltgegenden haben, wäre kein Thema. Von Hungersnöten wüssten wir nichts. Ob woanders Dürre herrscht, die Erde bebt oder überschwemmt wird, bräuchte uns nicht zu beunruhigen. Ob irgendwelche Tierarten aussterben, würde uns nicht den Schlaf rauben...

Wir wüssten von alledem nichts. Die Welt wäre klein und überschaubar. Ja, vielleicht wäre das wunderschön. Aber es ist nicht so.

Wir leben nun mal in einer global vernetzten Welt und wir wissen über das meiste Bescheid, was auf ihr passiert. Damit müssen wir umgehen.

Ich finde das sehr schwer und es kann einen ganz schön ins Straucheln bringen. Es ist eine Gratwanderung zwischen Anteilnahme und einer Art Ignoranz, um sich selber zu schützen. So ganz kommen wir da nicht raus ohne entweder völlig abzustumpfen oder am Weltschmerz zu zerbrechen. Beides, denke ich, ist keine Option. Da ich selber mitten in diesem Konflikt stecke, habe ich keine richtige Lösung. Ich mache es wahrscheinlich wie die meisten: Ich tue, was ich kann. Ich versuche mich so gut es geht einzubringen. Auch wenn ich das Gefühl habe, dass es angesichts der riesigen Probleme nie ganz ausreicht. Deshalb finde ich es wichtig sich einzugestehen, dass die Möglichkeiten jedes einzelnen begrenzt sind. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig sich immer darum zu bemühen, diese Grenzen immer weiter hinauszuschieben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37547
weiterlesen...