SWR2 Wort zum Tag

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28APR2023
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Anfang des Jahres habe ich als Reaktion auf eine Beitragsserie  folgende Mail erhalten:

Du nimmst dir das Recht heraus andere zu kritisieren, während Du wahrscheinlich selbst Kinder sexuell missbrauchst???? Was soll der Scheiß? Wir sehen uns in der Hölle!!!

Ich weiß nicht, worauf genau sich der Schreiber bezogen hat. Der Vorwurf, dass ich Kinder sexuell missbrauchen würde, hat aber vermutlich damit zu tun, dass ich im Namen der Katholischen Kirche spreche. Das Verhalten der Missbrauchstäter, die Unfähigkeit des Systems Kirche im Umgang mit den Tätern und noch mehr mit den Opfern - Das alles macht wütend und viele wenden sich angewidert ab. Dass ich da was abbekomme, wenn ich weiter im Namen der Kirche spreche, ist nicht überraschend und vollkommen in Ordnung. Die Art und Weise ist natürlich eine andere Sache.

Es soll jetzt aber gar nicht um mich gehen. Ich habe mich nur Folgendes gefragt: Wenn ich, der ich 3 mal 3 Minuten alle paar Monate in einem kleinen Licht der Öffentlichkeit stehe, schon solche Beleidigungen bekomme, wie mag es dann jemandem ergehen, der wirklich in der Öffentlichkeit steht?

Ich habe mich mit einer Freundin, die relativ prominent politisch aktiv ist, darüber unterhalten. Sie hat gemeint, dass diese Mail schon heftig ist, ich aber noch gut wegkomme. Zumal ich Glück habe, dass ich ein Mann bin. Sie hat mir dann Mails gezeigt, die sie bekommt und die sie nur aufgrund der Tatsache beleidigen, weil sie eine Frau ist. Ich möchte das hier nicht zitieren. Sie erzählte dann von Kommentaren, die eine Bekannte von ihr sich anhören muss, nur weil sie schwarz ist. Ein anderer Freund, weil er im Rollstuhl sitzt. Alles Personen, die sich für etwas engagieren, die ihr Gesicht für ihre Überzeugung zeigen und die Gesellschaft voranbringen wollen. Sicherlich auch die ein oder andere Person, die man durchaus kritisieren kann, wenn es um die Sache geht.

Aber wenn ich mir überlege, welcher Schmutz jeden Tag über die sozialen Medien verbreitet wird, wird es mir schwindelig. Das Problem ist längst bekannt und ich will jetzt nicht an die Kommentarschreiber appellieren das alles sein zu lassen. Obwohl sie das tun sollten – zumindest in dieser Form. Aber ich glaube, das bringt nichts. Ich möchte mich lieber bei denen bedanken, die sich trotz dieser permanenten Aggression nicht entmutigen lassen und weiter machen. Sich für die Gesellschaft und das Zusammenleben weiter engagieren. Sich diesem Gepolter nicht beugen. Ich hoffe, jeder findet einen guten Weg unbeschadet damit umzugehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37546
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