Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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29APR2023
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Manchmal läuft es einfach wie geschmiert. Jetzt im Frühling fahre ich wieder richtig gerne mit dem Fahrrad. Neulich war ich besonders beschwingt unterwegs. Mein altes Fahrrad schien fast wie von selbst zu fahren. Ich habe mich schon gewundert, wie viel fitter ich plötzlich geworden bin – bis mir eingefallen ist: Das Fahrrad war in der Werkstatt – und dort wurde gleich auch die Kette kräftig geschmiert. Endlich mal wieder.

Ich habe gestaunt, was für einen Unterschied so ein bisschen Kettenfett macht. Aber beim Nachdenken darüber ist mir aufgefallen: Manchmal ist das bei mir selbst ganz ähnlich, wie bei dem Fahrrad und der Kette: Manchmal braucht es nicht viel, um wieder besser voranzukommen. Dann genügt es, mal wieder richtig auszuschlafen. Oder eine längere Pause zu machen und ein gutes Buch zu lesen. Ein leckeres Essen zu kochen und in Ruhe zu essen. Oder mich mit einer Freundin auf einen Kaffee zu treffen. Danach läuft das, was ich zu tun habe, oft wieder richtig gut. Wie geschmiert eben. Und ich bin nicht nur körperlich erholt – auch mein Kopf dann arbeitet wieder deutlich besser. Und ich sehe den Aufgaben, die anstehen, auch wieder zuversichtlicher entgegen.

Tu deinem Leib etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen, das hat schon vor über fünfhundert Jahren Teresa von Avila gesagt haben. Sie war Mystikerin und Nonne. Dass sie sich Gedanken über das Wohlbefinden des Körpers gemacht hat, war in ihrer Zeit und besonders in der Kirche ihrer Zeit nicht selbstverständlich. Aber Teresa von Avila hat verstanden: Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen Körper, Geist und Seele. Wenn es einem von den dreien nicht gut geht, leiden die anderen mit. Deshalb ist es gut, sich um seinen Körper zu kümmern, wenn der Pflege braucht, und ihn nicht zu verschleißen.

Aber genauso gilt, dass der Geist und die Seele Nahrung brauchen, damit es ihnen gut geht. Auch Jesus hat das gewusst. In der Bibel wird erzählt, dass er sich immer wieder mal zurückgezogen hat, abseits der Menge, die ihn meistens begleitet hat. Manchmal ist er allein auf einen Berg gestiegen. Er hat sich dann Zeit für sich genommen und meistens gebetet, um wieder Kraft zu schöpfen.

An meinem Fahrrad habe ich gemerkt: Ein bisschen Fett macht das Fahren so viel leichter. Es lohnt sich deshalb, die Kette regelmäßig zu schmieren. So ähnlich ist es aber auch sonst im Leben: Damit es wieder läuft, darf ich nicht vergessen, meinem Körper und meinem Geist immer wieder etwas Gutes zu tun. Ein bisschen Kettenöl für die Seele eben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37513
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