Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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25APR2023
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In unserem Garten steht ein stattlicher Walnussbaum. Ich kann ihn sehen, wenn ich in der Küche sitze. Ich freue ich mich immer wieder an ihm. Am kräftigen Stamm, der etwas schief steht und trotzdem fest. An den einzigartigen Formen der Äste, die eine perfekte Krone bilden… Bald wird sie wieder voller grüner Blätter sein.

Bäume haben eine besondere Ausstrahlung. Für viele sind sie ein Symbol für ein gutes Leben. Auch in der Bibel. Gesegnet ist der Mensch, der auf Gott vertraut, heißt es beim Propheten Jeremia. Der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt.

Sein wie ein Baum – das ist ein starkes Bild. Es heißt: Fest verwurzelt sein im Boden, an der Kraftquelle. Wachsen, blühen und Frucht bringen. Aufrecht stehen – und sich in stürmischen Zeiten biegen, aber nicht brechen.

Ich merke aber: Gerade die Sache mit den festen Wurzeln ist nicht so einfach. Bäume stehen manchmal jahrhundertelang an derselben Stelle. Unser Leben ist viel bewegter. Fast niemand verbringt heute das ganze Leben am gleichen Ort. Für Ausbildung, Studium oder Beruf geht es oft woanders hin. Manche leben dann an zwei Orten gleichzeitig, pendeln am Wochenende zu Familie oder Partnerin. Und häufig wird es auch im letzten Lebensabschnitt nötig, noch einmal umzuziehen – zu den Kindern oder ins Heim… Einen alten Baum verpflanzt man nicht, höre ich dann oft.

Wie kann das gehen – mobil sein und trotzdem feste Wurzeln haben? Wurzeln, die einen aufrecht stehen lassen und Halt geben, wenn es stürmisch wird im Leben. Wurzeln, die einen mit der Kraftquelle verbinden.

Die Schriftstellerin Hilde Domin musste ihre Heimat verlassen und ins Exil gehen. Man muss weggehen können, hat sie geschrieben, und doch sein wie ein Baum: als bliebe die Wurzel im Boden, als zöge die Landschaft und wir stünden fest.

Wurzeln, die fest bleiben – auch wenn sich unser Leben verändert. In der Bibel ist das ein Bild für das Gottvertrauen. Wer auf Gott vertraut, hat in ihm eine Kraftquelle, die nicht an einen bestimmten Ort gebunden ist – und die auch in schwierigen Zeiten nicht versiegt: Gesegnet ist der Mensch, der auf Gott vertraut.Der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt, der seine Wurzeln zum Bach hinstreckt. Vor der Hitze fürchtet er sich nicht, und seine Blätter bleiben grün.

An diesen Bibelvers muss ich denken, wenn ich heute unseren großartigen Walnussbaum anschaue. In dem Haus, in dessen Garten er steht, werde ich nicht immer wohnen. Aber ich glaube: Wenn ich in Gott verwurzelt bin, bin ich überall zuhause. Und kann dort weiter wachsen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37510
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