Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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11MRZ2023
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Eine Programmankündigung im Fernsehheft machte mich neugierig: Da wurde doch tatsächlich „Die Schatzinsel“wiederholt. Ein Vierteiler, der 1966 in der Weihnachtszeit ein „Straßenfeger“ war. Die Abenteuer des Schiffsjungen Jim Hawkins faszinierten nicht nur uns Kinder. Millionen saßen vor dem Fernseher und fieberten mit.

Ich wollte meine Erinnerungen von anno dazumal auffrischen und schaltete ein. Schon nach einer halben Stunde fragte ich mich, warum ich damals so begeistert war? Die Einstellungen wirkten quälend lang, die Szenen dröge, die Dialoge langatmig.

Mir wurde klar: Unsere Sehgewohnheiten haben sich total verändert. Alles ist rasanter und schnelllebiger geworden. Das gilt für fast alle Lebensbereiche. Ob in der Arbeit oder in der Freizeit, das Tempo hat enorm zugenommen. Zeigt man Jugendlichen ein Fußballspiel aus der Zeit von Beckenbauer, Netzer & Co., dann halten sie das manchmal für Zeitlupe. Die Spieler damals waren technisch mindestens so versiert wie die Profis heute, aber der Fußball ist schneller, athletischer und kampfbetonter geworden.

Ich gebe zu: Wenn die Hektik des Alltags übermächtig wird, dann sehne ich mich auch schon mal zurück in die Vergangenheit, in der es gefühlt ruhiger und gelassener zuging. Heute, im Zeitalter der Digitalisierung, soll ich ständig und für jedermann erreichbar sein. Ein Klick jagt den nächsten. Und dabei, so scheint mir, bleibt vieles einfach nur oberflächlich. Es fehlt die Zeit, über alles in Ruhe nachzudenken, die Stille zu genießen, zu sich selbst zu kommen. „Muße“ nannte man das einmal. Ein Wort, das auszusterben droht.

Eine Oase, die mir bleibt, ist die Beziehung zu Gott. Je älter ich werde, desto dankbarer bin ich ihm für das große Geschenk, das er dem Menschen mit dem Schabbat gemacht hat. Für die Christen ist das der Sonntag. An diesem Tag kann ich dem Stress am ehesten entkommen. Ruhe und Muße haben zumindest eine Chance. Morgen ist es wieder soweit.

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