Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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09MRZ2023
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Noch nie hat man den gegenwärtigen Papst so erschüttert erlebt wie am 8. Dezember vergangenen Jahres. Franziskus steht vor der Mariensäule an der Spanischen Treppe in Rom, umringt von tausenden von Gläubigen. Der Papst hält eine kurze Rede. Darin spricht er über den Krieg in der Ukraine. Eigentlich, so sagt Franziskus, habe er gehofft, der Gottesmutter für den Frieden in der Ukraine danken zu können. Plötzlich versagt seine Stimme. Franziskus senkt den Kopf und schluchzt. In die Stille hinein applaudieren die Zuhörer. So wollen sie zeigen: Wir sind genauso berührt wie Du vom unermesslichen Leid der vielen Männer, Frauen und Kinder in diesem Krieg, der einfach kein Ende nehmen will. Wir haben Mitleid mit den Menschen, die das alles erdulden müssen.

Mitleid ist aber mehr als nur ein Gefühl. Im eigentlichen Wortsinn bedeutet es ein tatsächliches „Mit-leiden“ mit den Opfern. Jesus hat das vorgelebt. Die Evangelien erzählen vom Mitleid Jesu mit den Menschen, die dem Bösen ausgeliefert sind. Und davon, wie er ihnen konkret geholfen hat. Und Jesus geht noch weiter: In seinem Mit-leiden identifiziert er sich mit den Opfern. „Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben (…) Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen. (…) Ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen.“ (Mt 25, 35-36)

Dieses Mit-leiden vollzieht Jesus bis zur letzten Konsequenz, bis zu seinem Tod am Kreuz. Auf Golgotha wird er selbst ein Opfer von Unrecht und Gewalt.

Seit Kriegsbeginn sind mehr als eine Million Ukrainer in unser Land gekommen, die meisten von ihnen Frauen und Kinder. Sie bangen um die Männer und Väter an der Front. Und um Freunde und Verwandte, die zurückgeblieben sind. Die Hilfsbereitschaft in Deutschland ist groß. Sie ist Ausdruck eines tiefen Mitgefühls für die Opfer. Aus diesem Mit-leiden erwächst eine gelebte Solidarität. Christen nennen das Nächstenliebe.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37236
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