Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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11FEB2023
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Es ist mir unangenehm. Ich habe vor kurzem versucht eine Person zu beschreiben und gar nicht mitbekommen, dass ich diese Person beleidige. Ich habe „taubstumm“ gesagt und nicht gewusst, dass dieses Wort Gehörlose beleidigt. Denn sie sind nicht stumm, im Gegenteil sie können sich sehr wohl verständigen. Das funktioniert nur eben anders, wie ich es gewohnt bin. Und so tut es mir leid, dass ich diesen Personen scheinbar etwas abgesprochen habe, was gar nicht meine Absicht gewesen ist. Ich bin von meinem Verständnis ausgegangen. Denn ich rede mit dem Mund und wenn jemand nicht wie ich redet, dann ist er halt stumm. Simple Logik von mir, nur leider nicht richtig und auch nicht zu Ende gedacht. Und so habe ich erlebt, wie schnell Worte verletzen können.

Unabhängig von dieser Situation erlebe ich immer wieder, wie schwer es in manchen Situationen ist, die richtigen Worte zu benutzen. Insbesondere, wenn es darum geht mit oder über Personengruppen zu sprechen, die eher eine kleine Gruppe in unserer Gesellschaft darstellen und vielleicht deshalb gar nicht so präsent im Kopf sind.

Zum Beispiel, wenn ich statt Hörerinnen und Hörer, Hörer:innen sage. Also mit einer kurzen Pause zwischen der männlichen und weiblichen Form, weil ich damit auch diejenigen ansprechen möchte, die sich vielleicht nicht als Mann oder Frau verstehen.

Auch die Beschreibung „behinderte Menschen“ finde ich schwierig. Denn da sollte auch niemand als defizitär dargestellt werden. Vielmehr lohnt es sich, wenn ich mal darüber nachdenke, wer eigentlich wen behindert?

In der Bibel stehen viele Geschichten, in denen Jesus versucht hat möglichst viele Menschen zu erreichen. Auch diejenigen, mit denen wir im Alltag vielleicht nicht so viel zu tun haben. Er hat eben auch an die kleinen Personengruppen in unserer Mitte gedacht. Und dabei hat er sie nicht beleidigt, sondern ist ihnen auf Augenhöhe begegnet. Und das ist doch ein Maßstab für Christen: Sich darüber Gedanken zu machen, wie ich über und vielmehr mit Menschen rede. Das hat nichts mit „ich werde ja wohl noch sagen dürfen“ zu tun, sondern damit, dass ich dafür verantwortlich bin, was bei meinem Gegenüber ankommt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37123
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