SWR2 Wort zum Tag

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07FEB2023
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„Viel Glück und viel Segen auf all Deinen Wegen – Gesundheit und Wohlstand sei auch mit dabei“ – das singe ich oft bei Geburtstagen. Ich singe es mit Inbrunst und meistens, ohne mir allzu viel dabei zu denken. Doch neulich habe ich mich gefragt: „Wie hängt das eigentlich zusammen – der Segen und die Gesundheit?“

Manchmal nehme ich wahr, wie gesund ich bin. Zum Beispiel früh am Morgen, wenn ich gerade aufwache und in mich hineinspüre. Schlafwärme überall, die Glieder noch etwas schwer, aber ganz entspannt, um mich herum die warme Decke. Noch im Halbschlaf seufze ich vor Dankbarkeit. Und denke: Was für ein Segen, dass ich so gesund bin!

Und wenn ich krank bin – so wie mein älterer Nachbar, nur ein paar Häuser weiter? Er ist bettlägerig und nach einer Hüftoperation nicht mehr richtig auf die Beine gekommen. Wenn ich ihn besuche, dann ist er manchmal ganz unglücklich. Die Schmerzen, das Liegen, die Langeweile. Einfach ist sein Leben nicht. Aber ist er deshalb weniger gesegnet als ich? Nein, denke ich mir, denn er hat ja seine Frau. Was für ein Segen! Sie sorgt sich um ihn. Kocht für ihn, pflegt ihn, lebt mit ihm. „Mein Engel“, sagt er manchmal zu ihr, und ich denke mir: Das stimmt. Sie ist sein Engel, seine Segensträgerin.  - Ja, durch andere Menschen kommt Segen zu uns. In Gesundheit und in Krankheit gleichermaßen.

Segen kann sich darin zeigen, dass ich gesund bin. Aber als gesegnet kann ich mich auch dann erleben, wenn ich nicht gesund bin. Und wenn ich kaum von menschlichen Segensträgern begleitet bin. Denn Segen ist Gottes gute Gegenwart für mich. Eine ganz eigene Dimension der Wirklichkeit. Manchmal erlebe ich es, dass sich diese Gottesgegenwart mit dem verbindet, was mir das Leben erleichtert – mit Gesundheit oder mit der Fürsorge eines anderen Menschen. Das macht mich dankbar.

Doch manchmal erlebe ich diese Verbindung auch nicht. Das ist dann bisweilen schwer zu ertragen. Es macht mich ungeduldig, manchmal geradezu verzweifelt. Gott, hast Du mich verlassen? Gegen meine eigenen Fragen aber versuche ich, daran zu glaube, dass der Segen trotzdem da ist. Auch, wenn ich ihn in diesem Moment gerade nicht spüre. Denn Gott hat das ja zugesagt: dass er in seiner Gegenwart für mich dableibt. Und so werde ich ruhiger. Vorsichtige Vorfreude steigt auf in mir: Wie werde ich Gottes Segen wieder erleben? Wer wird mir heute zum Segensträger? Und kann ich einem anderen Menschen zum Segensträger werden? 

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