Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

05FEB2023
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Mein Bus fährt am Waldrand vorbei. Gedankenverloren schaue ich aus dem Fenster, doch dann höre ich zwei Kinderstimmen miteinander reden: „Also Emma, wenn wir beide groß sind, dann können wir den Wald schön machen, oder?“ Und dann sehe ich, was die Mädchen zwei Sitze weiter meinen: Am Waldrand liegt überall Müll rum. Ein Taschentuch hier, ein Pappbecher dort und Dinge, die sich so schnell nicht erkennen lassen. Für die Mädchen kein schöner Anblick. Da haben sie Recht muss ich ihnen zugestehen. Und obwohl ich fast jeden Tag daran vorbeifahre, ist mir dieser Müll noch gar nicht aufgefallen. Bin ich etwa so Alltagsblind? Ich hoffe es nicht und denke über die Aussage „wenn wir groß sind“ nach.

Was habe ich mir nicht als Kind alles vorgestellt zu machen, wenn ich groß bin. In einem Freundebuch aus der Schulzeit steht drin, dass ich Tierärztin werden will und in einem anderen, dass ich Lehrerin werden will. Ich habe jede Menge Wünsche und Träume gehabt. Vor allem wollte ich immer die Welt zu einer besseren Welt verändern. Das war mir wichtig. Und als Kind hab ich da genaue Vorstellungen gehabt, wie das geht. Was ich dazu machen muss und was das Richtige ist. Auf die Natur achten ist da immer vorne mit dabei gewesen.

Genau wie bei den beiden Mädchen und wie sie es auch jetzt wissen: Der Wald muss aufgeräumt werden. Beinahe hätte ich den Mädchen gesagt: „Wenn ihr groß seid, habt ihr andere Probleme, als den Wald schön zu machen.“ Denn weder bin ich Tierärztin noch Lehrerin geworden. Und auch so manch anderen Traum habe ich nicht mehr verfolgt. Als Kind habe ich mir vieles einfach vorgestellt. Inzwischen sind aber ein paar Jahre verstrichen und ich weiß, dass vieles leider komplexer ist. Da kann ich nicht mehr mal eben was verändern. Aber vielleicht sind es auch nur Ausreden. Denn ich frage mich gerade ernsthaft, wo das Kind in mir geblieben ist, dass einfach handelt, weil die Dinge einfach erscheinen und richtig sind?

Die beiden Mädels klingen jedenfalls so zuversichtlich, dass ich mich nun für die Erwachsenenwelt schäme. Es gibt schließlich so viele Mülleimer, da sollte es doch ein leichtes sein, den eigenen Müll zu entsorgen.

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