SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

03FEB2023
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Vor ein paar Wochen habe ich mit meinen Schülerinnen und Schülern im Religionsunterricht zum Jahresbeginn ein gemeinsames Frühstück gemacht. Ich sehe es auch als Aufgabe des Religionsunterrichts, Angebote zu machen, die die Gemeinschaft stärken. Ich weiß nicht, ob es wegen des Fachs „Religion“ war oder weil sie es so gewohnt ist: Eine Schülerin hat gefragt, ob wir nicht vor dem Essen beten. Ich habe da sehr zurückhaltend reagiert, weil ich den Schülern das Beten nicht aufdrängen oder abverlangen will. Aber ich fand es spannend, was dann passiert ist. Die anderen Schüler haben unschlüssig reagiert. Das Mädchen hat gemeint, sie wolle jetzt beten und hat dann frei ein Gebet formuliert. Darin hat sie sich bei Gott bedankt, dass wir alle gesund aus den Ferien zurückgekommen sind, dass wir zu essen haben und dass wir jetzt so in der Gemeinschaft zusammen sein können.

Mich hat dieses Gebet sehr berührt und ich habe in diesem Moment gespürt, wie diese Dankbarkeit meine Stimmung verändert. Ich habe gemerkt, dass es mir guttut, wenn ich danke sage. Es geht dabei gar nicht nur um den, bei dem ich mich bedanke. Das ist der eine Teil: Ich weiß, dass viel Gutes, was ich erlebe, nicht von mir selbst hergeführt, erarbeitet oder verdient ist. Als Christ schreibe ich das Gute, das mir geschieht, Gott zu. Er ist für mich der Urheber von allem Guten. Und dafür danke ich ihm. Ich bedanke mich z.B., wenn ich gesund bin. Oder dafür, dass es Menschen gibt, die mich umsorgen und sich um mich kümmern. Dieser Teil ist ein bisschen wie eine höfliche Verpflichtung, die ich als Kind gelernt habe. Es gehört sich, dass man Danke sagt, wenn man etwas geschenkt bekommt.

Der zweite Teil ist aber mindestens genauso wichtig. Er ist mir erst bei dem spontanen Gebet der Schülerin richtig klar geworden. Und er ist auch das, was meine Stimmung an diesem Tag von einem eher neutralen Zustand in ein gutes Gefühl verändert hat. Wie ein kleines Glück. Wenn ich nämlich Gott danke sage, überlege ich ja auch, wofür ich danke und ich spüre dann auch, dass ich beschenkt bin. Und dabei ist mir an diesem Tag in der Schule erst bewusst geworden, wie schön es ist, dass wir in der Klasse eine Gemeinschaft erlebt haben, dass wir alle gesund aus den Ferien zurückgekommen sind und dass wir zu essen und zu trinken haben. Für mich gehört beides zum Danken: Es geht um den, der den Dank bekommt und macht den glücklich, der dankt.

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