SWR4 Feiertagsgedanken

SWR4 Feiertagsgedanken

26DEZ2022
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Ich wünsche Ihnen fröhliche und gesegnete Weihnachten!

Und ich wünsche Ihnen heute, am zweiten Weihnachtsfeiertag Zufriedenheit. Nicht einfach Zufriedenheit darüber, wie das Weihnachtsfest gelaufen ist. Nein, ich meine das weihnachtliche Gefühl von innerem Frieden. Etwas Ruhe für die Seele.

Heute geht es in vielen Familien ja eher turbulent zu: Entweder die Kinder kommen mit den Enkeln, oder man setzt sich selbst ins Auto und geht auf Besuchsreise. Viele Menschen sind aber auch allein zu Hause – und das kann schwer sein, gerade an Weihnachten. Zu ihnen zu Besuch kommen höchstens Erinnerungen - an Früher. An Menschen, die man schmerzlich vermisst. Oder mit denen man sich gerne noch einmal ausgesprochen hätte – vielleicht wegen eines alten Streits oder einfach nur, um wieder einmal zu reden. Mir selbst fallen unterm Weihnachtsbaum manchmal meine Freunde aus Studientagen ein. Und ich frage mich, warum wir den Kontakt haben abreißen lassen. Das ist so schade.

Wenn mir solche Gedanken kommen, versuche ich, Frieden zu machen mit mir selbst. Ja: schade, dass wir den Kontakt verloren haben. Und trotzdem schön, dass ich als Studentin so gute Freunde gehabt habe. Was für ein Glück. Wir haben es so gut oder so schlecht gemacht, wie es uns eben möglich war. Wir können zufrieden sein.

So ist das mit vielen Dingen: Manches vermisse oder bedaure ich und denke gleichzeitig gerne daran zurück. Nur bei der Erinnerung an schlimmen Streit, bei dem etwas in die Brüche gegangen ist, und ich es nicht wieder flicken kann – da komme ich an meine Grenzen. Ich würde gerne etwas tun, um Frieden zu schließen, mit mir selbst und mit allen, die dabei gewesen sind. Aber ich kann es nicht.

In der Weihnachtsgeschichte singen die Engel vom Frieden, als Jesus geboren ist und als winziges Kind in der Krippe liegt. Frieden auf Erden. Und Frieden auch für mich und für meine Seele.

Wenn etwas kaputt gegangen ist in meinem Leben, dann stehe ich nicht alleine vor dem Scherbenhaufen. Ich werfe die Bruchstücke nicht einfach weg. Sondern ich gebe sie dem Kind in der Krippe. Was daraus werden wird? Da bin ich nicht sicher. Ich weiß, dass an Weihnachten nicht alles auf einen Schlag wieder gut ist: jeder Streit vergessen, und jede Traurigkeit verflogen ist. Ich kann dem Kind nur vertrauen, von dem die Engel singen, dass es Frieden bringen wird auf Erden. Und Frieden auch für mich und meine Seele.

Und nicht nur für mich, sondern für alle Menschen. Und nicht nur heute, sondern immer schon – solange die Erde steht. Das Gotteskind hat uns Menschen schon immer begleitet. Davon erzählet auch eine Bibelstelle, die heute in vielen Weihnachtsgottesdiensten zu hören sein wird. Es ist eine lange Liste von Namen: der Stammbaum mit allen Vorfahren von Jesus: Von Abraham bis zum großen König David, und von David durch die Geschichte der Bibel hindurch bis Joseph, dem Ehemann von Maria, die Jesus auf die Welt gebracht hat.

Wozu diese Aufzählung fragt man sich vielleicht. Ich denke, weil sie sichtbar macht, dass Gott das schon immer so geplant hat. Lange bevor es wirklich so weit war hat Gott beschlossen, seinen Sohn auf die Welt zu schicken. Und lange, bevor Jesus wirklich geboren worden ist, wollte Gott Frieden auf Erden für alle Menschen: Egal wann oder wo sie leben.

Gott will Frieden – immer schon. Und er schickt sein Kind zu uns – immer schon. Damit es die Scherben meines Lebens aufsammeln kann, und auch die Scherben der Menschen, die vor mir gelebt habe. Weil er da sein will in allen Krisen, die Welt geplagt haben. Und auch da sein wird bei allen Krisen, in denen wir gerade stecken.

Gott will Frieden. Auch Frieden für mich und meine Seele. Und wenn da Scherben liegen auf meiner Seele, Bruchstücke, Bedauern oder Traurigkeit – dann nimmt das Kind in der Krippe das in seine Hände. Da sind sie, denke ich, gut aufgehoben. Damit kann ich zufrieden sein

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