SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

28DEZ2022
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Die Weihnachtskrippe mit dem Jesuskind kennen viele von uns ja eigentlich von klein auf. Da vergisst man leicht, dass eine Krippe eigentlich ein Futtertrog für Tiere ist. Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie es wäre, wenn diese Krippe selber erzählen könnte, was in dieser Nacht passiert ist?

Vielleicht ja so:
Mit Heu und Stroh kenne ich mich aus. Aber so was, habe ich jetzt auch noch nicht gesehen – das ist mir an diesem einen Abend durch den Kopf gegangen … Oh, wie unhöflich – bitte um Entschuldigung. Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Kripastian, aber meine Freunde nennen mich Krippi. Ich bin eine Futterkrippe in einem Stall in Bethlehem. Zumindest war ich das bis eben diese zwei komischen Leute in den Stall gekommen sind. „Hier könnt ihr diese Nacht schlafen“, hat mein Chef zu ihnen gesagt. Aber mit Schlafen war nicht viel los in der Nacht.

Leider konnte ich nicht so richtig sehen, was da eigentlich vor sich ging. Aber plötzlich haben zwei sanfte Hände da etwas in mich hineingelegt. „Hmm – Heu war das nicht. Das riecht ganz anders. Stroh auch nicht. Das piekst viel mehr. Was konnte das sein? Es war klein, ein bisschen schrumpelig und irgendwie eingewickelt … und es hat sich bewegt. Ganz ruhig ist es plötzlich geworden. Und eine warme und sanfte Stimme hat gesungen: „Still, still, still, weils Kindlein schlafen will.“

Da habe ich es erst begriffen. Es war ein Baby, das da lag. Aber das geht doch nicht. Da haben doch kurz davor erst meine Freunde ihr Abendessen bekommen. Ein sabbernder Ochse und ein Esel. Menschen – auf Ideen kommen die manchmal.

Die Frau schien das nicht zu stören. Sie sang einfach weiter. Und ich wurde auch seltsam ruhig. Es gab nur noch mich, das Baby und diese Stimme. Dann muss ich wohl eingeschlafen sein und hatte einen ganz seltsamen Traum:

Es wurde plötzlich ganz hell und da waren plötzlich Schafe und noch viel mehr Menschen, die Geschenke mitgebracht haben. Das war schon fast königlich. Es herrschte Frieden auf der Welt. Zwischen Menschen und Tieren. Alles war irgendwie so liebevoll – als würde irgendjemand die ganze Liebe auf einmal über die Welt ausschütten. Ich war in dem Moment einfach nur glücklich.

Irgendwas ist besonders an dieser Familie und an diesem Kind. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich ein Teil von etwas ganz Großartigem geworden bin. Auch, wenn ich mir fast nicht vorstellen kann, dass sich irgendjemand für eine Futterkrippe in Bethlehem interessiert. Irgendwas hat sich aber verändert in dieser Nacht. Gott sei Dank.

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