Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

27DEZ2022
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

„Das Volk, das im Finstern geht, sieht ein helles Licht... Jeder Stiefel, der polternd daherstampft, jeder blutige Mantel wird ein Fraß des Feuers“ (Jesaja 9,1+4). Das sind Worte des Propheten Jesaja. Wie kam dieser Spinner in der Zeit der babylonischen Gefangenschaft Israels auf so eine verrückte Idee? Weil er die Geburt eines Kindes erwartet, sagt er, das bald als „Friedensfürst“ die Herrschaft übernimmt (Jesaja 9,5+6). 

Diese Botschaft verblüfft. In der Wehrlosigkeit eines neugeborenen Kindes sieht der Prophet den Schlüssel zum Frieden. Denn ein kleines Kind kitzelt Gefühle in uns wach, Gefühle der Zärtlichkeit und der Fürsorge. Man möchte so ein zartes Geschöpf einfach nur liebevoll herzen und wiegen. Ja – würden wir so miteinander umgehen, dann wäre wirklich Frieden. Dann würden Kanonen und Panzer eingeschmolzen, Raketen und Atomwaffen verschrottet, Soldaten entwaffnet und nach Hause geschickt. Dann nähme das Morden auch in der Ukraine endlich ein Ende. 

In unseren Köpfen aber wabert immer noch die primitive Logik des Krieges: Gewalt - Gegengewalt. Sie bringt tausendfach Tod und Verderben. Nur die Liebe ist die wirklich „panzerbrechende Waffe“ – das ist die Botschaft Jesu. Er lebt und predigt Gewaltlosigkeit, nur sie schafft Frieden.

Absurd – irgendwann, aber leider viel zu spät, wird man auch nach diesem Krieg über Massengräbern und Ruinen miteinander reden müssen. Warum erst dann, wenn Hunderttausende diesen Wahnsinn völlig sinnlos mit ihrem Leben bezahlt haben? Darum gibt es für mich gegenwärtig nur ein einziges realistisches Ziel: Waffenstillstand – und zwar sofort! Nun geht es darum, die Gesprächsverweigerer auf beiden Seiten an einen Tisch zu bringen und sie zu Angeboten und Zugeständnissen zu bewegen. Erst wenn die Waffen schweigen, kann man Kompromisse aushandeln. Das lernen Kinder schon in der Kita: Einer muss anfangen, aufzuhören.

Diese kurze Formel des Journalisten Franz Alt bringt die Feindesliebe Jesu in der Bergpredigt auf den Punkt: Einer muss anfangen, aufzuhören!  ) Das hat auch den inzwischen verstorbenen ehemaligen russischen Präsidenten Michail Gorbatschow überzeugt: Er bezeichnete die Bergpredigt Jesu als das „wirksamste Überlebensprogramm der Menschheit“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36838
weiterlesen...