SWR2 Wort zum Tag

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05JAN2023
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Wer eine Krippe hat, stellt heute schon die Figuren bereit, die noch fehlen. Die Heiligen drei Könige. Was mögen das wohl für Männer gewesen sein, von denen die Bibel erzählt. Die Geschichte ist vermutlich eine Legende, trotzdem hat sie in meinen Augen eine große Bedeutung. Im Matthäusevangelium wird erzählt, dass diese Gelehrten aus dem Osten einen Stern am Himmel sehen. Sie deuten ihn als Zeichen, dass im Volk Israel ein König geboren wird. Deshalb folgen sie diesem Stern und reisen nach Israel, um den neugeborenen König zu ehren. Matthäus bezeichnet die Sterndeuter als „Magoi“. „Magier“. Das war damals die Bezeichnung für Priester aus Persien, dem heutigen Iran. Diese Männer sind Gelehrte, die viel forschen und wissen, Experten in ihrem Kulturkreis. Sie wollen aber mehr wissen, sind neugierig und offen. Und sie tragen die Hoffnung in sich, da könnte woanders etwas passieren, was auch für sie interessant sein könnte.

Bei der Geburt Jesu treffen also schon verschiedene Religionen zusammen, die uralte persische Religion und das Judentum. An der Wiege des Christentums. Die Sterndeuter sind bereit über die Grenzen ihrer Religion hinauszugehen, wenn sie dem neugeborenen Kind huldigen wie einem Gottkönig. Das zeigen ihre Geschenke, vor allem das Gold und der Weihrauch.

Das Matthäusevangelium ist geschrieben für Leute, die aus dem Judentum stammen und Christen geworden sind. Diese Christen waren oft der Meinung, dass man nur Christ sein kann, wenn man vorher Jude war. Mit der Geschichte von den Sterndeutern aus dem Osten erinnert Matthäus seine Gemeinde an die Vorstellung, dass nicht allein die Juden zur Wahrheit finden, sondern auch die Vertreter anderer Religionen.

 

Mich beeindruckt die Perspektive dieser Männer, die Jesus suchen. Sie sind bereit, über den Horizont ihrer Religion hinaus zu denken. Und mehr noch. Sie hoffen sogar, dass woanders etwas passiert, was für sie Gutes bewirkt.

Niemand muss dabei seinen Glauben aufgeben. Das haben die Weisen aus dem Morgenland auch nicht. Die Bibel sagt, dass sie in ihr Land zurückkehren. Mit neuen Erfahrungen, neuen Erkenntnissen über Gott und den Menschen. Es ist schön und wichtig, bei anderen etwas zu finden, was meine Hoffnung und Zuversicht stärkt. Ich will mich in der nächsten Zeit beobachten: Mit welcher Haltung rede ich mit Menschen, die offensichtlich eine andere Religion haben oder aus einer anderen Kultur kommen. Sehe ich bei ihnen, was wahr und gut ist?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36835
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