SWR2 Wort zum Tag

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12DEZ2022
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Unser Adventskranz ist in diesem Jahr besonders schön. Mit Tannenzweigen, kleinen Kiefernzäpfchen, Kügelchen und anderem Schmuck, der mit Basteldraht oder Heißkleber im Kranz festgemacht wird. Und natürlich mit vier dicken roten Kerzen. Rot, weil es zu dem Grün der Zweige so komplementär schön aussieht. Dick, weil die Kerzen dann möglichst lange halten.

Jeden Sonntag zünde ich nach dem Gottesdienst die Kerzen an. Gestern waren es schon drei. Und es wird Woche für Woche etwas heller. Bis zum Weihnachtsfest. So bekommt jeder Sonntag im Advent seine eigene Bedeutung. Das tut gut. Besonders wenn es draußen dunkel ist. Im Lichtschein der Kerzen gemütlich am Tisch zu sitzen, bei einer Tasse Kaffee und Gebäck, mit schöner Musik, guten Gesprächen oder auch ganz still und leise für mich.

Ich glaube, dass die Adventszeit in diesem Jahr für viele Menschen aber auch eine Zumutung ist. Räume, die aus Kostengründen nicht geheizt werden, macht auch ein Adventskranz nicht wohlig warm. Krankheit und Einsamkeit sind schwerer zu ertragen, wenn man den Eindruck hat, dass anderswo alles ganz heimelig wird. Und wer an die Krisen und Probleme und unserer Zeit denkt, fragt sich vermutlich manchmal auch, wie wird es überhaupt weitergehen?

Deshalb möchte ich Ihnen folgende Geschichte über vier Adventskerzen erzählen:

Vier Kerzen unterhalten sich. Die erste sagt, ich heiße Frieden, aber die Menschen halten keinen Frieden und wollen mich nicht. Und vor Kummer wird sie ganz klein und erlischt.

Die zweite Kerze sagt ziemlich flackernd: ich heiße Glaube, aber ich bin überflüssig, weil die Menschen von Gott nichts mehr wissen wollen, und geht ebenfalls aus.

Die dritte Kerze, es ist die Kerze der Liebe, muss feststellen, dass die Menschen sie achtlos zur Seite stellen, weil sie viel zu selbstverliebt sind und nur an sich selbst denken. Völlig entkräftet erlischt auch sie.

Die vierte Kerze aber sagt, ich bin die Hoffnung, ich lasse mich nicht entmutigen, ich brenne weiter, an meinem Licht können die Menschen auch die anderen Kerzen wieder anzünden.

Warum die Hoffnungskerze für mich nicht ausgeht? Weil ich an Gott glaube und darauf vertraue, dass er diese seine Welt nicht aufgeben, vieles doch noch wenden wird. Und ich glaube an das Gute im Menschen, an die vielen, die die Not von anderen sehen, ihnen helfen und sich für sie und die Erhaltung dieser Welt einsetzen.

In diesem Sinn ist für mich die Adventszeit eine besondere Zeit der Hoffnung. Die brennenden Kerzen am Adventskranz künden davon!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36717
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