SWR1 Begegnungen

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11DEZ2022
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Friedenslicht: Rike & Iryna Foto: Privat und Logo der Friedenslichtaktion.

Jedes Jahr am dritten Advent bringen Pfadfinderinnen und Pfadfinder das „Friedenslicht aus Bethlehem“ nach Deutschland. Es ist eine kleine Kerzenflamme, die von Person zu Person weitergereicht wird. Für Pfadfinder ist es ein großes Event, denn die Flamme soll möglichst viele Menschen erreichen, ohne dass sie dabei aus geht.

Ich habe Rike Bechstein vom Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder getroffen. Ihre Gruppe veranstaltet heute Nachmittag (am 11. Dezember) in Stuttgart eine Aussendungsfeier, zu der Pfadfinder aus der ganzen Region kommen werden, um sich die Flamme abzuholen.

Rike ist 16 Jahre alt und Pfadfinderin, seit sie denken kann. Jedes Jahr freut sie sich auf das Friedenslicht:

Das ist dieses Feuer, was in der Geburtsstätte von Jesus entzündet wird und was dann in die ganze Welt verteilt wird und das hat sehr viel damit zu tun, mit Leuten in Kontakt zu kommen und sich zu begegnen. Das interessiert mich, glaube ich, am meisten daran, dass dieses Friedenslicht was ist, was man weitergeben kann. Dass man was hat, was alle irgendwie so ein bisschen vernetzt, das ist halt wirklich dieses eine Feuer, was überall verteilt wird und das an alle weitergegeben wird. Und ich finde, es ist irgendwie ein sehr schönes Symbol für Frieden

Der Österreichische Rundfunk hat das Friedenslicht 1986 ins Leben gerufen. Seitdem zündet jedes Jahr ein österreichisches Kind in der Geburtsgrotte Jesu in Bethlehem ein Kerzenlicht an und bringt es in einem Flugzeug nach Wien. Dort holen es deutsche Pfadfinder ab und verteilen es anschließend so weiter, dass möglichst viele Personen daran beteiligt sind und ein Gemeinschaftsnetz entsteht. Das Licht wird auch grenzüberschreitend verteilt, sogar bis in die Ukraine, wie mir Iryna Dobut von den Ukrainischen Pfadfindern aus Stuttgart erzählt:

Also an der deutschen Grenze nach Polen wurde (es) übergeben und dann an der polnisch-ukrainischen Grenze, wurde (es) dann den ukrainischen Pfadfindern übergeben und von dort in die ganze Ukraine verteilt. Zum Beispiel an den Präsidenten der Ukraine und in verschiedene Kirchen, die gehen auch in die Altersheime oder Kinderheime.

Iryna Dobut ist 43 Jahre alt, seit knapp fünf Jahren Pfadfinderleiterin und hat zwei Söhne, die ebenfalls Pfadfinder sind. Ihr gefällt das Pfadfinden sehr und die Friedenslichtaktion ist für sie die Pfadfinderaktion schlechthin.

Ohne diese Zusammenarbeit zwischen allen Pfadfindern würde das gar nicht auf der Welt funktionieren. Weil das ist tatsächlich … von einer einzigen Kerze wird das in der ganzen Welt verteilt. Und das funktioniert nur, wenn man Hand in Hand miteinander arbeitet, wenn man Vertrauen hat. Und das wollte ich einfach den Kindern zeigen, dass es da so ein breites Netzwerk an Pfadfindern auf der ganzen Welt gibt. Und genau das war damals für mich so der Trigger…

… nach der Aktion im Netz zu suchen und ob es eben nicht auch eine Verteilung in Stuttgart gibt. Und so sind sie dann letztes Jahr in Stuttgart dabei gewesen, dort wo Rikes Pfadfindergruppe aktiv ist.

 

Was die beiden Pfadfinderinnen mit Frieden verbinden, dass erfahren Sie gleich, nach ein wenig Musik.

 

(TEIL 2)

Iryna Dobut und Rike Bechstein sind Pfadfinderinnen aus Stuttgart, die heute Nachmittag (am 11. Dezember) das „Friedenslicht aus Bethlehem“ abholen und dann weiterverteilen.

Für beide gehören die Pfadfinderarbeit und das Thema Frieden eng zusammen. Das führen sie auf den Gründer der Pfadfinderbewegung Robert Baden-Powell zurück.

Er war ja beim Militär und er hatte keine Lust mehr auf Krieg. Er wollte, dass dieser Gedanke von „Wir sind eins, wir sind gemeinsam und wir haben gewisse Ziele, wo wir uns daran halten“ was (ist), was halt Frieden stiftet. Und ich glaube, dass es uns Pfadfinder erst mal daran erinnert, dass wir das versprochen haben, dass wir uns dafür einsetzen.

Damit ist die Friedenslichtflamme für Pfadfinder nicht nur ein Zeichen, sondern ein Symbol der Zusammenarbeit und auch ein Auftrag: Nämlich am Frieden mitzuarbeiten. Deshalb habe ich beide gefragt, was sie denn selbst im Alltag für den Frieden tun?

Also nehmen wir mal an, ich fühle mich irgendwie von einer Freundin vernachlässigt. Dann ist es zwar doof, aber es muss mir nicht so zu Herzen gehen. Also ich kann versuchen, dass ich in mir selber so ein bisschen diesen, Frieden habe, dass ich mit mir selber so okay bin, dass ich sage okay, dann haben wir gerade dieses Problem und dann ist sie vielleicht mir ein bisschen wichtiger als ich ihr, aber dann ist es so und dann gucke ich, dass es mir damit gut geht und dann wird dieser Streit auch nicht so ein Ausmaß haben, weil dann hängt bei mir nicht so eine starke emotionale Last dran und dann kann man ganz offen drüber reden. dann pendelt sich sowas auch ganz schnell wieder ein.

Für die 16-Jährige Rike ist also eine mögliche Sache: In Streitgesprächen erstmal Frieden mit sich selbst zu finden. Und was empfiehlt Iryna Dobut?  

Bei sich in der Familie jeden Tag im Kleinen an den Frieden denken. Nicht vielleicht wegen Kleinigkeiten noch mit den Kindern schimpfen oder auch mit dem eigenen Mann, sondern tatsächlich versuchen, die Sachen, das Ganze friedlicher zu lösen. Also ob in eigene Familie oder mit den Freunden oder auf der Arbeit. Frieden beginnt mit dir, im Sinne, dass man präventiv handelt.

Frieden, das ist eine Aufgabe, an die ich als Christin jedes Jahr aufs Neue erinnert werde, wenn ich auf Weihnachten zu gehe. Gott wird an Weihnachten Mensch, weil er es mit uns gut meint. Da liegt es an mir, meinen Teil hinzugeben, dass es eine friedliche Welt wird, in die er kommt.

Also Weihnachten – es ist ja so eine fröhliche Botschaft: Gott sendet uns seinen Sohn. Und das ist für mich einfach unzertrennlich. Frieden, Liebe, das gehört irgendwie zusammen.

Sowohl im Gespräch mit Iryna Dobut, als auch mit Rike Bechstein höre ich raus, dass das Thema Friede für die Pfadfinder niemals aufhört. Es passt wunderbar zur christlichen Botschaft von Weihnachten, aber darüber hinaus, ist es auch etwas, dass alle angeht.

Deshalb ist beiden Frauen auch so wichtig, dass das Friedenslicht jedes Jahr auf neue verteilt wird und nicht ausgeht. In der Hoffnung, dass der kleine Friedenslicht-Funke zu einem Lichtermeer wird. Und so verteilen sie heute Nachmittag (am 11. Dezember) in Stuttgart das Licht weiter.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36713
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