SWR1 3vor8

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18DEZ2022
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Was tun, wenn man nicht mehr weiter weiß?

Papst Franziskus hat da eine ganz eigene Methode. In seinem Büro gibt es eine Holzfigur des heiligen Josef, der auf der Seite liegt und schläft. Und – so hat er einmal erzählt –: „Wenn ich ein Problem habe, eine Schwierigkeit, dann schreibe ich es auf ein kleines Blatt und schiebe es unter den heiligen Josef, damit er davon träumt!“

In der Heimat des Papstes, in Argentinien, ist der Brauch sehr verbreitet. Die kleinen Zettelchen, auf denen Probleme und Bitten aufgeschrieben sind, sind wie Gebete, die die Menschen Gott hinlegen. Und sie hoffen darauf, dass der Heilige Josef ihr Gebet unterstützt, indem er darüber schläft. Dann – davon sind sie fest überzeugt – wird sich schon ein Weg zeigen. Bei Josef selbst hat der Schlaf schließlich auch alles verändert. In katholischen Gottesdiensten ist heute davon zu hören.

Josef hat erfahren, dass Maria schwanger ist. Aber nicht von ihm. Ich kann mir richtig vorstellen, wie Josef abwägt und grübelt und eigentlich völlig überfordert ist von der Situation. Was ist jetzt bloß das Richtige? Soll er sich einfach ohne großes Aufsehen von Maria trennen? Das könnte für beide das Beste sein. Während er nachdenkt, schläft Josef ein. Im Traum sagt ihm ein Engel: „Josef, [ … ] fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist [ … ] ihm sollst du den Namen Jesus geben“ (Mt 1, 20f.). Josef vertraut seinem Traum und handelt. Jetzt weiß er, was zu tun ist. Er lässt Maria nicht allein, sondern sorgt sich um sie und um das Kind.

So konkret wie bei Josef hat noch kein Engel in der Nacht zu mir gesprochen. Und manchmal wird ein Problem nachts auch riesengroß und erst beim Aufwachen merke ich, dass ich mir viel zu viele Gedanken gemacht habe. Aber ich kenne es auch, dass sich nachts manche Ungereimtheiten des Tages auflösen. Dass ich im Schlaf für Dinge empfänglich werde, an die ich tagsüber nicht dran komme. Ich weiß dann auch nicht, wo es herkommt, aber morgens habe ich eine Idee, auf die ich abends nie gekommen wäre.

Schlafen: das heißt für mich, loslassen. Den Tag, die Begegnungen. Was mir gelungen ist und was nicht. Was mich ärgert und worüber ich mir den Kopf zerbreche.

Zettelchen, wie Papst Franziskus, schreibe ich nicht. Aber kurz vor dem Einschlafen schaue ich nochmal, was heute alles los war. In Gedanken lege ich Gott dann all das hin. Und dann bitte ich ihn um die Klarheit zu erkennen, was am nächsten Tag dran ist und um den Mut und die Kraft, das dann auch anzupacken.

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