SWR3 Gedanken

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04DEZ2022
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Wenn Kinder erwachsen werden, ist es für die Eltern oft schwer, sie gehen zu lassen. Heute ist Barbara-Tag, und die Legende der Heiligen Barbara beginnt damit, dass ihr Vater sie nicht ziehen lassen will. Er sperrt sie sogar ein - in einen hohen Turm.

Wie Barbara darauf reagiert, dürfte vielen Eltern heute bekannt sein: sie macht jetzt erst recht einen auf rebellisch. Aber statt sich ein Tattoo stechen zu lassen oder nächtelang wegzubleiben möchte Barbara sich taufen lassen. Christin zu werden hatte damals nämlich was Verwegenes, weil die Christen eine Art Untergrundorganisation waren. Und tatsächlich war das so gar nicht nach dem Geschmack von Barbaras Eltern. Ihr Papa zieht die Reißleine und liefert Barbara dem christenfeindlichen Statthalter aus. Der lässt sie foltern. Aber Barbara überlebt und bleibt entschiedene Christin. Sogar noch, als sie durch ihren eigenen Vater enthauptet werden soll. Die alten Legenden übertreiben manchmal wirklich.

Ich lerne aus der Legende, dass es schwierig ist, seine Kinder umbiegen zu wollen. Und dass es auf jeden Fall besser ist, sie in Liebe ziehen zu lassen als sie einzusperren.

Ein Barbara-Brauch verdeutlicht das sehr schön: Es ist üblich, heute Kirschbaumzweige zu schneiden und ins Wasser zu stellen. Um die Weihnachtszeit werden sie dann blühen. Für alle Eltern mit pubertierenden Kindern kann das heißen: Wir sollten für eine gute Basis sorgen und uns in einer schwierigen Phase gar nicht so sehr einmischen - auch wenn wir das gerne täten, weil die Kinder vielleicht unbeholfen oder widerspenstig sind. Aber es ist wie mit den Kirschzweigen: irgendwann blühen die meisten auf – und das fast von allein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36681
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