SWR2 Wort zum Tag

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03JAN2023
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Ich beschäftige mich gern mit der Quantenphysik. Dabei geht es darum, wie die kleinsten Teilchen, die man messen kann, sich zueinander verhalten. Ich verstehe das letztlich nicht. Immer wieder bringt es mein Denken und mein Weltverständnis durcheinander. Immer wieder irritiert es mich und fordert mich heraus. Die Quantenphysik regt mich zum Denken an und stellt festgefahrene Überzeugungen in Frage. Deshalb mag ich sie so.

Besonders angetan hat es mir die von Albert Einstein so bezeichnete „Spukhafte Fernwirkung“. Dabei geht es ganz grob darum, dass zwei Teilchen über eine große Entfernung eine solche Verbindung haben können, dass sie sich genau gleich verhalten. Als würden sie Kontakt zueinander haben, ohne miteinander zu kommunizieren. Das finde ich unglaublich spannend.

Weil ich dabei Parallelen zu einem Phänomen finden kann, das mir immer wieder begegnet. Ja, ich glaube, jeder kennt solche unerklärlichen Erlebnisse, die ich jetzt beschreibe:

Ich denke an einen Menschen, der weit weg wohnt und den ich lange nicht gesehen habe. Und genau in dem Moment ruft er an. Manchmal melde ich mich bei jemandem und der sagt: „Ich habe gerade an Dich gedacht“. Es kommt auch vor, dass ich mich plötzlich ganz fest mit jemandem verbunden fühle und der andere erzählt später, dass es ihm etwa im gleichen Zeitraum genauso gegangen ist. Oder ich spüre, dass es jemandem nicht gut geht, melde mich und er erzählt, dass es tatsächlich so ist. Ich habe auch schon von jemandem geträumt und am nächsten Tag erfahren, dass er gestorben ist.

Solche Erlebnisse sind immer besonders. Und wir wundern uns, wie das sein kann. Gerne versuchen wir das mit Zufall zu erklären. Komischer Zufall, sagen wir dann. Aber vielleicht ist es gar kein Zufall. Vielleicht gibt es eine Verbindung zu Menschen, die weit weg sind, uns aber dennoch im wahrsten Sinne des Wortes „nahe stehen“. Eine Verbindung, die Einfluss auf unser Denken, Fühlen und Handeln hat. Eine Verbindung, die uns über hunderte Kilometer Entfernung mitfühlen, mitleiden, mitfreuen – eben mitleben lässt. Vielleicht gibt es so etwas wie eine spukhafteFernwirkungzwischen Menschen. Die Vorstellung finde ich schön. Und: Ich bin mir sehr sicher, dass es das gibt.

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