SWR2 Wort zum Tag

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02JAN2023
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You`ll never walk alone - Du wirst nie alleine gehen. Damit wollte Bundeskanzler Olaf Scholz in einer Ansprache uns Bürgern zumindest die größten Sorgen vor der Zukunft nehmen. Er hat betont, dass wir als Gesellschaft in der Krise zusammenstehen müssen und versprochen, dass seine Regierung alles dafür tun will.

Das Zitat – You`ll never walk alone – stammt aus einem Fanlied des Fußballclubs FC Liverpool. Ein sehr pathetisches Lied. Der Text lautet etwa so:

 

Wenn du durch einen Sturm gehst,

dann halte deinen Kopf hoch erhoben

und hab keine Angst vor der Dunkelheit

Am Ende des Sturms ist ein goldener Himmel

und das süße silberne Lied der Lerche.

Geh weiter durch den Wind

Geh weiter durch den Regen

Auch wenn deine Träume umhergeworfen und weggeweht werden

Geh weiter  mit Hoffnung in deinem Herzen

und du wirst nie alleine gehen . . .

 

Schöne und starke Worte. Sie passen auch gut zum Anfang des neuen Jahres, machen Mut und Hoffnung. Motivieren zum Durchhalten. Für mich ist das beinahe ein religiöser Text. Er erinnert mich an Jesu Versprechen, dass er bei uns sein wird. Alle Tage bis zum Ende der Welt. Es ist eine Zusage, dass wir gehalten werden, dass wir eben nicht allein sind, ganz egal was kommt -

Trotzdem sind wir manchmal allein. Und viele Menschen sind immer allein. Die Lebenswirklichkeit ist oft eine andere. Derzeit erleben wir große Krisen, in denen wir versuchen, was der Kanzler anspricht: zusammenstehen und aufeinander achten. Aber das Leben vieler Menschen ist von dauernden persönlichen Krisen geprägt. Krisen, die einsam machen. Die kann der Staat kaum lösen. Und, auch wenn ich daran glaube, dass Gott bei uns ist, es ist doch schöner mit einem anderen Menschen zu sprechen, ihn zu berühren, in die Augen zu schauen. Mit einem Freund zusammen zu sein und gehalten zu werden. Ängste und Sorgen zu teilen.

Ich glaube, das ist das Wichtigste: Freundschaft. Mit ihr bewältigen wir alle Krisen. Freundschaft kann man aber nicht erzwingen und auch nicht verordnen. Man muss sie finden. Das wünsche ich jedem für das frisch angebrochene Jahr: Jeder soll Freunde finden. Dass wir uns in schweren Zeiten nicht nur auf so ferne und abstrakte Zusagen von einem Bundeskanzler stützen müssen. Dass es nicht nur der Glaube an den liebenden Gott ist, der uns die Einsamkeit nimmt, sondern die konkrete Begegnung mit einem vertrauten Menschen. Einem Freund. Damit das „You`ll never walk alone“ kein Regierungsversprechen mehr sein muss. Sondern spürbar Wirklichkeit ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36646
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