Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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29OKT2022
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„Sorry, tut mir Leid“ – ist das Maximale was ich aus dem Munde meiner Kinder höre, wenn Sie Mist gebaut haben. Und oft genug muss ich sie dazu auch noch auffordern. Ich merke immer, dass mich das nicht wirklich froh macht. Für Sie ist die formale Pflicht erfüllt und ich fühle einen sehr faden Beigeschmack, weil ich das Gefühl habe, dass es nicht von Herzen kommt.

Aber was folgt daraus? Soll ich es lassen und Sie nicht mehr auffordern sich zu entschuldigen? Oder soll ich auf eine „richtige“ Entschuldigung bestehen? Gut, dann wird sich vielleicht der Tonfall ändern, aber ob es sich dann für mich „richtig“ anfühlt?

Jesus hat mal gesagt: „Euer Ja sei ein Ja und euer Nein ein Nein“.

Ich verstehe das so: Was man tut soll man „richtig“ tun. Und zwar so, dass man dahintersteht – es wirklich meint.

Beim Entschuldigen heißt das: Entweder etwas tut mir wirklich Leid und ich bitte mein Gegenüber darum, dass er oder Sie mir verzeiht oder es tut mir eben nicht leid und dann bin ich besser still.

Für mich und meine Kinder würde das bedeuten: sie sollen sich nicht entschuldigen wenn es Ihnen nicht wirklich leidtut – selbst dann nicht, wenn ich sie dazu auffordere. Sie zu drängen oder zu verpflichten zu etwas, wohinter sie nicht stehen können ist gar nicht in Jesu Sinn.

Besser ist es, den Konflikt oder die Meinungsverschiedenheit auszuhalten. Mit einander zu sprechen und versuchen einander zu verstehen. Das ist vielleicht mühsam, aber viel besser als mit schalem Geschmack nach einer vermeintlichen Entschuldigung den Streit zu beenden.

Ich jedenfalls will versuchen mich nur noch dann zu entschuldigen, wenn ich es wirklich meine. Und auch meine Kinder dazu ermutigen. Lieber sage ich, dass es mir gerade schwer fällt „Entschuldigung“ zu sagen – dass ich noch Zeit brauche, um besser zu verstehen. Denn Euer Ja sei ein Ja und euer Nein ein Nein! Und ich bin sicher: eine echte Bitte um Entschuldigung kann dann auch zu einer echten Versöhnung führen. Ohne faden Beigeschmack.

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