Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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27OKT2022
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Oft heißt es ja andere Länder andere Sitten. Und meist meint man damit eher eine Angewohnheit die man selbst befremdlich findet. Dabei gibt es ja auch Sitten, von denen man sich eine Scheibe abschneiden kann.

Unsere Partnerkirche in Indonesien auf der Insel Papua zum Beispiel ist unglaublich stark im Naturschutz. Sie begründen das sehr einfach: „Das Land, die Natur ist uns heilig, weil sie Gottes Schöpfung sind“. Deshalb ist es ganz selbstverständlich die Tiere und Pflanzen zu schützen. Wobei „schützen“ durchaus auch nutzen bedeutet, aber eben niemals vernichten.

Dieses Leben im Einklang mit der Natur ist dabei nicht naive Blümchenromantik, sondern nachhaltig. Es wird nicht mehr entnommen als nachwächst.

Trotzdem gibt es riesige Kahlflächen und verseuchte Flüsse in Westpapua. Dafür sind aber andere verantwortlich. Firmen, die Gold, Öl und Gas fördern oder Palmölplantagen anlegen wollen. Die nicht fragen, ob sie das Land auch in Jahren noch brauchen, denn sie kommen aus anderen Teilen der Welt.

Es ist eine Art Wegwerf – Mentalität die sie antreibt: riesige Flächen roden, ausschlachten und dann weiterziehen. Der Manager einer solchen Firma hat sich in einem Gespräch verteidigt. Er hat mit dem Finger auf die Einheimischen gezeigt und gemeint: Diese würden die Natur genauso zerstören. Sie würden Meeresschildkröten fangen und essen. Aber das ist nicht vergleichbar. Denn der Manager weiß ja, dass seine Firma die Natur zerstört. Und trotzdem ändern sie nichts. 

Ganz anders ein Fischer der Papuas. Er hatte eine Meeresschildkröte umgedreht auf sein Fahrrad geschnallt – ein grausamer Anblick. Ein Gemeindemitglied hat den Fischer angesprochen – hat ihm erzählt, wie alt die Schildkröte auf seinem Fahrrad sein musste – fast doppelt so alt wie der Fischer selbst - und wie lange es dauert, damit Schildkröten sich vermehren. Der Fischer hat spontan reagiert. Er hat das Fahrrad abgestellt, die Schildkröte abgeschnallt und sie zum Wasser getragen.

Wissen führt zum Umdenken, wenn man mit dem Herzen hört.

Das ist eine Sitte von der sich mancher gerne eine Scheibe abschneiden könnte.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36394
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