Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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17OKT2022
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Findest du die Kirche nicht ätzend? Jetzt bist du doch in Rente, jetzt kann dir nix mehr passieren. Tritt doch endlich aus der Kirche aus! So fordern mich manchmal Bekannte auf. Ja, ich finde manches schrecklich. Das Schneckentempo in vielen Reform-Fragen. Die mangelnde Kommunikation zwischen Rom und den Kirchen vor Ort. Die Angst vor Experimenten. Den Umgang mit der sexuellen Gewalt und die zögerliche Haltung der Verantwortlichen. Auch in den Gemeinden machen viele die Augen zu und wollen, dass alles bleibt, wie es früher war. Aber früher ist vorbei.

Ich bin 6 Wochen nach meiner Geburt getauft worden und habe viel Gutes in den 66 Jahren erlebt: Aufbrüche nach dem Konzil, langsame Öffnung für Frauen, die auch etwas zu sagen haben, eine wunderbare berufliche Zeit als Seelsorgerin in Krankenhäusern, wo ich mit Menschen und ihren Ängsten zu tun hatte, aber den lieben Gott im Gepäck, was für viele tröstlich war.

Der SWR hat eine Umfrage gemacht auf 20 Standesämtern in Rheinland Pfalz und Baden-Württemberg, warum Menschen aus der Kirche austreten. Über 800 Menschen haben daran teilgenommen; nicht viel vielleicht, aber die Aussagen sind deutlich; Durchschnittsalter 31 Jahre – da kann man sich ausrechnen, wie das weitergeht.

Ungefähr 90 % von denen, die ausgetreten sind, wollen der Kirche die Knete entziehen. Nicht, weil sie es sich nicht leisten können, sondern weil sie über den Umgang mit Missbrauch in der Kirche und über den Umgang mit der Hälfte der Menschheit (den Frauen) verärgert sind. Viele bezeichnen sich selbst trotzdem als religiös und würden Kinder oder Enkel nicht daran hindern, sich in der Gemeinde vor Ort zu engagieren.

Früher gab es so Sprüche wie „Jesus Ja, Kirche Nein“ oder „der Vater im Himmel ist ja in Ordnung, aber das Bodenpersonal…“  Ich finde, die Gemeinschaft der Glaubenden vor Ort ist wichtig, deshalb bleibe ich dabei. Und in der Kirche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36357
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