SWR2 Wort zum Tag

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27MAI2022
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Seit gestern haben viele Gemeinden ihr Gebet noch einmal verstärkt. Sie beten um Gottes Geist –das Thema ist angesagt nach Himmelfahrt und vor Pfingsten. Neun Tage lang, Novene nennen sie dieses besondere Beten deshalb. Neun Tage, die nach den biblischen Berichten in Jerusalem vergangen sind, seit der auferstandene Jesus vor den Augen seiner Leute in den Himmel gegangen oder aufgefahren ist. Da hocken die Jesus-Leute in ihrer Gemeinschaftsunterkunft, immer noch voller Angst – bis dann am Pfingsttag Gottes Geist in sie fährt und Türen und Fenster aufreißt, und sie die Botschaft von Jesus Christus in die Stadt hinaus tragen und bald in die ganze bekannte Welt.

Neun Tag beten, Novene also um diesen Geist, den die Menschheit und die Kirche in diesen Zeiten so nötig braucht. Um einen Geist des Friedens und der Gerechtigkeit zu beten, das scheint doch dringlicher als seit fast achtzig Jahren – heute, wo Krieg herrscht und Kinder, Frauen, Männer wieder zu Opfern gemacht werden, ermordet, verletzt, vertrieben und auf der Flucht.

Ja – um Frieden und Gerechtigkeit beten wir Christenmenschen in den Kirchen hier sowieso schon ziemlich intensiv seit Putins russischem Überfall am 24. Februar. Trotzdem ist weiter grausamer Krieg. Schon verständlich, dass manche zweifeln, ob unser Beten gegen den Krieg hilft, ihn verkürzt oder wenigstens humanisiert. Und nach jetzt zwölf Wochen gibt es allmählich auch Ermüdungs-Zeichen…

Da ist es doch gerade hilfreich, die alte Novenen-Tradition aufzugreifen. Und die verändert ja wenigstens die Menschen selbst, die da um Gottes Geist beten. Wer betet, macht sich selbst offen; erneuert die eigene Hoffnung auf eine Kraft von oben – sozusagen; wer sonst sollte Frieden möglich machen können, wo alle menschlichen Bemühungen zum Scheitern verurteilt sind, weil sich ein paar mächtige Männer an ihre Macht klammern.

Und wer um Frieden oder wenigstens einen Waffenstillstand betet für die Ukraine und die Vielen, die von dort auf der Flucht sind: wer sich an Gott wendet, solidarisiert sich mit den Menschen, die unter dem Krieg leiden – jetzt leiden und noch lange leiden werden. Sie sind dankbar für diese Verbindung, haben die Ukrainerinnen uns gesagt. Sie waren eigentlich zufällig im Dom, als das FriedensGebet anfing – und sind natürlich geblieben bis zum Vaterunser in ihrer eigenen Sprache. Und sicher werden viele weiterhin beten – um Gottes Geist und Frieden und Gerechtigkeit, wenn nötig auch über Pfingsten hinaus!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35470
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