Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

26MRZ2022
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Heute Abend schalte ich für eine Stunde das Licht aus. Ich mache bei der „Earth Hour“ mit. Eine Stunde für unseren Planeten. Vor 15 Jahren haben ein paar Umweltschützer in Australien damit begonnen. Heute werden es über zwei Milliarden Menschen in tausenden von Städten in allen Zeitzonen sein. Eine große, symbolische Umweltschutz-Aktion, jedes Jahr am letzten Samstag im März.

Die Nähe zur Tag- und Nachtgleiche ist sicher kein Zufall. Bei uns auf der nördlichen Halbkugel ist kalendarisch Frühlingsanfang, auf der südlichen Halbkugel ist Herbstanfang. Es sind die Tage, an denen lichter Tag und dunkle Nacht etwa gleich lang sind. So ein Gleichgewicht im Ökosystem Erde haben wir offensichtlich verloren. Die Earth Hour ist für mich eine Erinnerung daran, dass wir diese Balance wiederfinden müssen, damit die Schöpfung, die uns anvertraut ist, nicht kaputt geht.

Das Prinzip ist einfach: zwischen halb neun und halb zehn lokaler Ortszeit wird Energie eingespart und die Lichtverschmutzung dadurch wenigstens für einen kurzen Moment geringer. Ein symbolisches Zeichen zum Schutz des Planeten. Nicht nur in privaten Haushalten und öffentlichen Gebäuden wird das Licht gelöscht, auch bedeutende Wahrzeichen stehen heute Abend eine Stunde lang im Dunkeln: der Eiffelturm in Paris, der Big Ben in London, der Tafelberg von Kapstadt oder die Christusstatue von Rio de Janeiro.

Die Lichtsymbolik ist für Christen ein starkes Zeichen. Nacht und Finsternis stehen oft für das Böse, für Verdammnis und Tod. Der Tag und das Licht stehen für Erlösung, Befreiung und Auferstehung. Wir sagen an Ostern: „Christus, das Licht.“ So wie wir uns nach einer kalten, dunklen Nacht über die ersten wärmenden Sonnenstrahlen freuen und nach der dunklen, kalten Jahreszeit nach der Frühlingssonne sehnen, ist Jesus Christus unsere Sonne.

Aber diese starke Symbolik ist getrübt. Kaum jemand in den hochentwickelten Ländern sehnt sich noch nach dem erlösenden Licht. Diese Sehnsucht wird durch Urlaubsreisen in den Süden, Strahlen im Sonnenstudio und künstliches Licht befriedigt. Absolute Dunkelheit kennen wir kaum noch. Seit der Elektrifizierung beuten wir unseren Planeten mit einem immer höheren Energiebedarf aus. Die künstliche Beleuchtung wird zum Problem für Umwelt und Natur. Heute geht es darum, auf zu viel Licht zu verzichten. Mir liegt etwas an der Schöpfung. Ich werde heute Abend aber nicht nur für eine Stunde das Licht ausmachen, sondern auch eine Kerze anzünden, ein Friedenslicht.

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