SWR4 Abendgedanken

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11FEB2022
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Ich lese Ihnen mal was vor: Ein kleines Stück aus einem schwedischen Kinderbuch:

„Nisse Grandkvists Kaufmannsladen auf der Insel Saltkrokan mochte eine der friedlichsten Stätten der Welt sein. (…) Hier kamen die Leute (…) zusammen, um einzukaufen und um sich zu unterhalten. (…) Sie hatten die Kaufmannsleute Nisse und Märta gern, weil sie vergnügt waren und anständig (…) und in ihrem engen kleinen Laden war es gemütlich, weil es hier so gut nach (…) Backobst (…) und Seife und allerlei anderen Dingen roch.“

Ist das nicht ein Traum? So würde ich gern einkaufen, wie Astrid Lindgren es in ihrem Buch „Ferien auf Saltkrokan“ beschreibt: Man kennt sich, man schwätzt ein bisschen, man vertraut einander und man kauft was Gutes und Leckeres ein. Fertig. Wunderbar!

Wenn ich da an unsere Mega-Supermärkte denke: Ich schiebe mich mit hundert anderen Leuten durch lange Gänge, Musik dudelt und bunte Werbeslogans springen mich so lange an, bis ich kaum mehr weiß, was ich eigentlich kaufen wollte. Woher das ganze Essen in den Regalen kommt und wer es hergestellt hat, weiß ich nicht. Ich kann nur vermuten, dass für die Schokolade im Schokomüsli irgendwo der Regenwald abgeholzt wurde, die Tomaten schon um die halbe Welt gekarrt wurden und die Mango-Früchte von Bauern in Afrika angepflanzt wurden, die kaum von ihrem Verdienst leben können. Und wenn ich an das alles denke, dann habe ich schon keinen Appetit mehr. Und Lust zum Einkaufen habe ich auch nicht mehr.

Manchmal brauche ich dann eine „Supermarkt-Pause“. Dann gehe ich in unseren Unverpacktladen. Der erinnert mich ein bisschen an Nisse Grandkvists Kaufmannsladen auf Saltkrokan: Er ist klein. Es gibt nicht hundert, sondern nur drei Sorten Nudeln. Der Verkäufer kennt die Bauern, die seine Äpfel und Karotten anbauen und seine Schokolade ist fair gehandelt. Klar, ich muss meine eigenen Dosen und Gläser mitbringen. Das ist schon umständlich und auch teurer als im Supermarkt, aber dafür gut für die Umwelt. Man kennt sich, man schwätzt ein bisschen, man vertraut einander und man kauft was Gutes und Leckeres ein.

Wenigstens ab und gönne ich mir diese Supermarkt-Pause. Und schicke ein kurzes Lobgebet zum Himmel. Das klingt dann so ähnlich, wie ein Gebet aus der Bibel (Psalm 146):

Wohl dem, der Himmel und Erde gemacht hat,
das Meer und alles was darinnen ist,
der Recht schafft denen, die Gewalt leiden,
der die Hungrigen speiset.

Der Herr richtet auf, die niedergeschlagen sind. Aufrichten - Ja, das tut er. Und zwar mich, regelmäßig im Unverpacktladen. Gott sei Dank!

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