Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Nachmittagsstunde in einer Hamburger Turnhalle: Mit lautem Gebrüll lässt sich Kevin auf eine Matte fallen, immer wieder. Erkan dagegen hat sich einen Parcours aus Böcken, Barren und Trampolin gebaut und balanciert ein wenig tollpatschig zwischen den einzelnen Hindernissen.
„Das werden einmal ganz selbstbewusste Kinder“, davon ist der Psychologe Raimund Menzel fest überzeugt. Er betreut die Psychomotorik-Gruppe. Kinder, die sich austoben müssen, weil sie es zu Hause und in der Schule nicht leicht haben. Hier können sie das, und dabei ihren Mut und ihre Grenzen erfahren. Immer wieder dienstags in der Turnhalle im Hamburger Stadtteil Dringsheide.
Ein paar Kilometer weiter liegt inmitten eines Parks eine reetgedeckte Bauernkate. Das Häuschen ist die Gründungsstätte des „Rauhen Hauses“. Hier lebte im vorvergangenen Jahrhundert Johann Heinrich Wichern, der Gründungsvater der modernen Diakonie.
Zusammen mit seinen Schützlingen saß er damals an dem großen Holztisch in der Stube. Der steht heute noch da. Und um ihn herum die Schar Kinder, die er aus Hamburgs Elendsvierteln aufgelesen hat: Vernachlässigte Kinder, verwahrloste Jungens und Mädchen, die nie eine Schule von innen gesehen haben und die nicht genug zu essen hatten und oft genug auch keine trockene Schlafstätte.
Erkan und Kevin und wie sie alle heißen von der Psychomotorik-Gruppe werden den Weg in diese Bauernkate mit dem alten Holztisch wohl nie finden, und dennoch liegt es an Johann Heinrich Wichern, dass sie immer wieder dienstags in der Turnhalle toben und spielen dürfen. Denn Wichern war – aufgrund eigener Erfahrung – von der Not der Kinder so sehr angerührt, dass er ihnen mit dem „Rauhen Haus“ Heimat, Schutz und Bildung bot. Er wollte sie aus dem Elend herausführen, und er erzählte ihnen von der Liebe Gottes.
Denn er war überzeugt: Glaube und praktische, lebendige Nächstenliebe, die gehören zusammen. Er hat es ja selber erlebt, als Junge ohne Eltern: Gott verlässt mich nicht, auch nicht im Elend. Gottes Liebe verändert die Menschen.
Und das hat ihn auf den Weg gebracht. Erst auf seinen eigenen Weg, und dann dazu, anderen auf ihrem Weg zu helfen.
Gottes Liebe macht aus zappeligen Kindern ganz selbstbewusste Jungs

Erkan und Kevin spüren etwas davon: Selbstbewusst werden sie einmal sein, das sagt auch der Psychologe. Selbstbewusst. Denn die Gnade Gottes richtet auf. Und die Liebe, die wir einander schenken, die macht stark. Mitten im Alltag.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3476
weiterlesen...