Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Einer trage des anderen Last“ – lautet ein Wort aus der Bibel.
Wenn einer was trägt, was einen anderen drückt, dann kommt am Ende was richtig Gutes dabei raus. Wie zum Beispiel bei Luise Meier.
Luise Meier ist eigentlich gar nicht so alt, jedenfalls fühlt sie sich nicht so. Doch ihr Arbeitgeber hat sie letzten Herbst in Rente geschickt. Mit 65 Jahren sei sie alt genug, hieß es, und jetzt hat sie Zeit. Viel Zeit.
Lukas dagegen ist jung. 16 Jahre ist er, und auch er hat Zeit. Jedenfalls seitdem er unter die Schulschwänzer gegangen ist. Die Schule ist nicht so sein Ding, sagt er. Schulverweigerer.
Aber das ist genau das richtige für Luise Meier. „Alt hilft jung“ ist ihr Leitspruch, und seit sie ihre Zeit frei einteilen kann, packt sie richtig an.
Sie trifft sich jeden Nachmittag mit Lukas und hilft ihm bei den Hausaufgaben. Und Lukas merkt zum ersten Mal, dass er eigentlich gar nicht so dumm ist. Das gibt Selbstvertrauen!
„Alt hilft jung“, das ist nicht nur Luise Meiers Leitspruch, das ist eine Initiative: Über 200 Vereine diesen Namens gibt es in Deutschland. Hilfe für lernschwache Kinder, für Jugendliche, die sich längst aufgegeben haben, oder für junge Menschen, die auf der Jobsuche sind. – Menschen mit Lebenserfahrung übernehmen für sie die Patenschaft. Helfen ihnen bei Behördengängen, oder beim Deutschlernen, hören ihnen zu, machen Mut und sind einfach da.
Es tut gut, wenn man einen Menschen an seiner Seite hat, der an einen glaubt. Der Mut macht, es doch noch einmal zu versuchen, und der einem zeigt, wie wertvoll man ist.
Luise Meier ist so ein Mensch. Oder Anke Müller, oder Paul Schmidt. Sie wollen einfach nur ihre vorhandene Zeit anderen schenken, damit die den richtigen Weg in ihrem Leben finden. Jedenfalls versuchen sie es. „Alt hilft jung“ - in Mainz, in Hannover, in Ludwigshafen, in Trier. Bei den Hausaufgaben, bei der Ausbildung, bei der Jobsuche, sogar bei der Gründung eines eigenen Geschäfts.
Luise Meier sagt: „Eines meiner Mädchen hat es sogar bis zum Abitur geschafft – früher war sie ein Hooligan. Und ein anderes macht jetzt die Ausbildung zur Krankenschwester, sie hatte die Jobsuche eigentlich schon aufgegeben. Das macht mich glücklich.“

„Einer trage des anderen Last“ – lautet ein Wort aus der Bibel. Wie schön ist es, wenn dieser Satz nicht nur in den Kirchen gepredigt wird, sondern: im Alltag gelebt.
Durch Menschen wie Luise Meier, oder Anke Müller oder viele, viele andere.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=3475
weiterlesen...