Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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09DEZ2021
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Man sagt das so: „Da haben wir über Gott und die Welt geredet…“ – Wenn ich nachfrage, muss ich feststellen: Das stimmt gar nicht. Weil man über Gott nichts zu sagen wusste, blieb nur noch die Welt übrig.

Wenn ich in ein Trauerhaus komme, dann rede ich natürlich auch irgendwann über den Glauben, die Religion, die Kirchenzugehörigkeit der Verstorbenen. Das ist dann oft das erste Mal, dass der Glaube in einer Familie überhaupt zum Thema wird. Selbst Ehepartner, die seit „zig Jahren“ zusammen sind, wissen nichts vom Glauben des anderen.

Manchmal ergibt sich bei so einem Gespräch aus den Bruchstücken aber doch, dass da ein ganz eigener Glaube war, ganz eigene Erfahrungen. Eine Frau hat gebetet und ist von einer als unheilbar geltenden Krankheit geheilt gewesen – „Ich muss für meine Kinder da sein“, hat sie zu Gott gesagt – und bei der nächsten Untersuchung war der Tumor weg. Aber Jahrzehnte hat niemand mehr darüber gesprochen. Warum?

Da hat ein Mann sich jeden Abend Zeit dafür genommen, für alle seine Lieben zu beten. Und nur sein bester Freund weiß das, weil er das irgendwann einmal erzählt hat „nach dem fünften Bier oder so“… Seinen Lieben selbst hat er nie etwas davon erzählt hat. Warum?

Der ganz normale Glaube ist offenbar sehr intim. Man möchte nicht verwechselt werden mit denen, die von Haus zu Haus gehen oder irgendwelche Spezialthemen für besonders wichtig halten.

Doch gerade der ganz normale Glaube von denen, die nicht jeden Sonntag in die Kirche gehen ist so wertvoll! In der Bibel heißt es immer wieder: „Ich will all deine Wunder erzählen“ (z.B. Psalm 9,2). – Wie viel Mut könnte das machen, wenn wir andere ganz selbstbewusst und selbstverständlich an diesem Teil unseres Lebens teilhaben lassen.

Ich wünsche mir das sehr, dass dieser normale, alltägliche Glaube geteilt wird.

Ich habe sehr viele Gründe für diesen Wunsch, aber die wichtigsten sind:

Es macht anderen Mut, wenn sie wissen, dass sie mit ihrem normalen Glauben nicht allein sind.

Wenn der persönliche Alltag nicht zu Wort kommt, dann wird er außerdem viel zu schnell reduziert: Stehlen, Töten und Ehe brechen – das fällt einem dann noch ein. Soll man alles nicht machen!

Das wichtigste Gebot ist aber, dass wir Gott lieben. Das ist sehr intim, aber wenn wir jemand oder etwas wirklich lieben, dann können wir halt doch nicht darüber schweigen, oder? Also reden wir doch über „Die Welt – und Gott“. Da fände ich schön.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34434
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