SWR4 Sonntagsgedanken

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10OKT2021
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„Bist Du Bereit?“ Bereit zur Abfahrt in den Kurzurlaub, meint meine Frau und fängt wie üblich an Tempo zu machen. Sie ist natürlich schon fertig. Ich eigentlich auch. Eigentlich - denn in letzter Sekunde fallen mir noch die Kleinigkeiten ein: Ladekabel fürs Handy, Ersatzbrille, Fototasche usw.  Ich fange also nochmal an mit Packen.
Ich hatte gedacht, ich wäre bereit. Kurz vor knapp merke ich - so ganz bin ich’s doch nicht.
Diese Frage: Bist du bereit? Sie kann auch eine ganz andere Tragweite haben. Je nach dem, wo ich gerade stehe in meinem Leben.

Vor einer neuen Aufgabe im Beruf zum Beispiel: Bin ich bereit dafür? Oder etwa doch nicht? Was brauche ich dazu noch?
Oder wenn die Kinder erwachsen werden und aus dem Haus gehen. Kann ich sie loslassen? Bin ich bereit dazu? Wenn das Berufsleben endet und die Pensionierung vor der Tür steht:  Kann ich loslassen und weiterziehen? Neue Ziele setzen? Das Alte zurücklassen, auch wenn es furchtbar schwerfällt und weh tut?   

Bist Du bereit? Es kann auch passieren, dass man ganz brutal mit dieser Frage konfrontiert wird. In der Bibel wird eine solche Geschichte erzählt über den König Hiskia. Hiskia wird schwer krank.

Da kommt der Prophet Jesaja zu ihm und richtet ihm knallhart, ohne Umschweife aus: Gott sagt: „Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht am Leben bleiben.“

Ordne deine Angelegenheiten, mache dich bereit für den Tod, denn du wirst sterben. Was für eine Botschaft! Dafür ist Hiskia nicht bereit. Er kann es kaum fassen und einordnen. Es haut ihn um. Er hat sich doch aufrichtig bemüht um Jerusalem, auch um Gerechtigkeit und Frieden. Er sorgt für sein Volk. Er hat sich in seinem Königreich Respekt und Ansehen verschafft. Und er ist ein frommer Mann und tritt auch vor anderen für seinen Glauben ein. Wie kann es sein, dass es ihn jetzt so trifft? Dass sich Gott gegen ihn stellt? So versteht er es.

Er geht auf die Knie. Er betet, er bittet, er weint und er ringt mit Gott. Und tatsächlich erhält er eine neue Botschaft. Ein Aufschub, 15 weitere Jahre werden ihm geschenkt.

Hiskia war nicht bereit - nicht vorbereitet auf den Abschied vom Leben. Er bekommt eine zweite Chance. Aber dieses Glück hat nicht jeder. Ich habe mich deshalb auch persönlich gefragt: Wäre ich bereit für diese letzte Reise? Was möchte ich noch ordnen und was muss ich loslassen, dass ich wirklich bereit bin? Bereit auch vor Gott zu treten.

Als es mit Corona im letzten Jahr losging, als die schrecklichen Bilder aus Wuhan und aus Bergamo im Fernsehen gezeigt wurden, da ist mir zum ersten Mal so richtig bewusst geworden, wie schnell es richtig ernst werden kann. So gerne ich lebe, so sehr ich am Leben und an meinen Lieben hänge und mich am Leben jeden Tag neu freue, will ich das nicht verdrängen.

Bist Du wirklich bereit, habe ich mich gefragt. Oder musst Du noch etwas regeln für den Ernstfall? Ich bin dann die kleinen und mühsamen, aber so wichtigen Dinge angegangen. Eine einfache Patientenverfügung, ein einfaches Testament, damit im Fall der Fälle meine Frau handlungsfähig bleibt und mein Wille schriftlich und eindeutig vorliegt.

Ich habe meine Angelegenheiten geregelt. Mein Haus ist bestellt. Scheinbar ist jetzt alles perfekt vorbereitet. Trotzdem fühlt es sich nicht so an.

Und in der Geschichte mit dem kranken König Hiskia geht es ja nicht nur um die Aufforderung: Bestelle dein Haus, bringe alles in Ordnung, bevor es zu spät ist!

Es geht auch um sein Verhältnis zu Gott. Hiskia merkt, dass er das ja gar nicht schaffen kann: alles in Ordnung bringen. Er hat in seinem Leben Fehler gemacht, die falschen Entscheidungen getroffen. Das alles wieder einfangen - für einen Menschen unmöglich, auch in 15 Jahren nicht. Aber Hiskia weiß: Gott steht ihm bei. Das lese ich auch in dem Loblied, das König Hiskia zugeschrieben wird. Da heißt es (Jesaja 38,17): „Siehe, um Trost war mir sehr bange. Du aber hast dich meiner Seele herzlich angenommen, dass sie nicht verdürbe; denn du wirfst alle meine Sünden hinter dich zurück.“ Mit Gott kann Hiskia es schaffen. Mit Gott an seiner Seite packt er die 15 Jahre an, die jetzt vor ihm liegen. Gott macht ihn bereit, dass alte zurück zu lassen und in die Zukunft zu gehen.

Die Hoffnung auf die Zukunft ist mir wichtig, gerade jetzt, wenn die Tage kürzer und die Nächte länger und auch die Gedanken tiefer werden. Ich will mich mit dem Licht beschäftigen, mit der Hoffnung, damit ich bereit bin.
Gott gibt mir Hoffnung für meine Zukunft. Und Gott geht mit mir noch weiter, weil es so viele klare Zusagen und so viel Hoffnung auch über dieses Leben hinaus gibt. Das höre ich in der Zusage von Jesus (Johannes 11,25). Er sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, wird leben auch wenn er stirbt.“

Ob ich bereit bin für diese Reise, hängt also an Jesus und meinem Glauben an ihn, meinem Glauben an Gott. Wer also nicht nur sein Haus bestellt, die kleinen und großen Dinge regelt, sondern sich auch mit Gott auseinandersetzt, der kann hoffnungsvoll leben und ist bereit.

Ich verstehe das so: Gott selbst kümmert sich um mich. Und er macht mich auch bereit für diese letzte Reise. Ich wünsche Ihnen von Herzen diesen Glauben und einen gesegneten Sonntag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34063
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